In Hard-Rock-Kreisen wird der Amerikaner TOMMY BOLIN vornehmlich im Kontext mit DEEP PURPLE und deren wenig erfolgreichem Album “Come Taste The Band” wahrgenommen. Dass er aber eigentlich gar nicht aus dem harten Rockbereich kommt, zeigt sein damals im selben Monat wie das DEEP PURPLE-Album veröffentlichtes Werk “Teaser”. Das erste Album unter seinem Namen bietet dabei eine große stilistische Bandbreite, die es schwer macht „Teaser“ konkret einzuordnen. Zum 40-jähirgen Jubiläum wird dem Album von UDR Records nun eine fette 3-Vinyl-Box (180g, fettes Booklet, Doppel-CD (live) als Bonus) spendiert, die sich sehen lassen kann.
Neben rockigen Elementen, die Songs wie dem Titeltrack sehr gut zu Gesicht stehen, finden sich auch Fragmente aus den Bereichen Fusion oder Blues gleichberechtigt auf der Scheibe. Viele der Songs sind überlang und zeichnen sich durch ausufernde Soloeinlagen des zweifellos talentierten Gitarristen aus. “Crazed Fandango” beispielsweise ist eine Achterbahnfahrt aus Soli und Hard-Rock-Riffs, die ganz typisch für die Gitarrenhelden der Siebziger ist. Daneben stehen Nummern wie “Chameleon”, das eine Mischung aus Blues und Jazz darstellt und eigentlich eine einzige Jam Session ist. “Lotus” ist hingegen ein über elfminütiger Drogentrip, dem immer wieder durch harte Rockriffs eine Albtraumnote zugeordnet wird. Eines wird auf “Teaser” schnell deutlich, TOMMY BOLIN gibt einen Dreck auf songschreiberische Konventionen. Das ist sicherlich auch heute noch bewundernswert, da er hier nach der Bekanntgabe seines Einstiegs bei DEEP PURPLE definitiv auf Nummer sicher gehen und auf kommerziellen Erfolg hätte schielen können. Danach klingt das erste unter seinem Namen veröffentlichte Album allerdings keineswegs. Andererseits ist genau das aber auch die Krux von “Teaser”. Dem Album fehlt die klare Linie. Für Hard-Rock-Fans gibt es hier zu wenig auf die Mütze, Jazzer werden hingegen von den harten Riffs irritiert und für Blues-Freunde sind die psychedelischen Elemente von “Teaser” nicht wirklich interessant. Jetzt könnte man natürlich argumentieren, dass der Fall somit klar liegt und die Platte ein Mekka für Proggies ist. Aber auch hier liegt man falsch. Progressive-Rock-Fans bekommen hier zu wenig vertracktes Songwriting geboten, denn eines ist klar: Auf “Teaser” regiert Bolins Klampfe. Alle anderen Instrumente spielen untergeordnete Rollen, wodurch manchen Songs die Spannungsbögen, ob der dominierenden Gitarre, abhandenkommen. Schade, denn der Ansatz von TOMMY BOLIN – sich keine Grenzen zu setzen – ist absolut lobenswert. Aber auch hier gilt, weniger wäre mehr gewesen.
Trotzdem kann man im Fall von “Teaser” nicht von einem schlechten Album sprechen, da die musikalische Qualität enorm hoch und das Gitarrenspiel von TOMMY BOLIN sehr beeindruckend ist. Cooler wäre aber gewesen, wenn er sich zumindest grob für eine Richtung entschieden hätte. Dann würde “Teaser” auch vierzig Jahre nach Erstveröffentlichung nicht ohne roten Faden auskommen müssen, wir würden über einen Rock-Klassiker reden und ich könnte mehr Punkte vergeben. Wie auch immer, unter dem Strich gibt es für open-minded Rock-Fans sicherlich viel zu entdecken.
Kommentare
Sag Deine Meinung!