Tómarúm - Beyond Obsidian Euphoria

Review

Soundcheck April 2025# 9

Mit „Ash In Realms Of Stone Icons“ schafften es zwei US-Amerikaner im Jahr 2022, ein ziemlich fesselndes, variantenreiches Stück Schwärze auf die Welt loszulassen, das auf der einen Seite vor lauter Details aufblühte, dann aber auf der anderen Seite auch mit tierischer Aggression auf die Hörerschaft einzufallen wusste. Die damals abgesehen von Gastmusikern als Duo operierende Formation bestehend aus Kyle Walburn und Brandon Iacovella arbeitete mit dichten, massiven Riffs, die klangliche Parallelen zum Post-Black Metal kaum verleugnen konnten, sich aber dennoch einem aufgeräumten, transparenten Klangbild unterordneten. Nun sind TÓMARÚM zurück und legen mit „Beyond Obsidian Euphoria“ nach.

„Beyond Obsidian Euphoria“ ist ein vollkommen anderes Biest als sein Vorgänger

Und wenn man es nicht besser wüsste, könnte man fast vermuten, dass anno 2025 eine vollkommen andere Band am Werk ist als vor drei Jahren. Und in gewisser Weise stimmt das auch, denn offiziell ist die Band mittlerweile ein Quintett. Offenbar sind die drei „neuen“ Mitglieder Michael Sanders, Chris Stropoli und Matthew Longerbeam zwar schon seit 2021 im Lineup vertreten, waren aber auf dem Vorgänger noch nicht zu hören, der demnach vor dem personellen Zuwachs entstanden ist. Aber das war damals und jetzt ist „Beyond Obsidian Euphoria“, ein von der Beschaffenheit vollkommen anderes Biest, das die Black Metal-Sensibilitäten des Vorgängers ein bisschen zurückdrängt im Sinne eines melodischen, progressiven und technischen Death Metals.

Zwar lässt sich argumentieren, dass diese Sensibilitäten schon im Vorgänger von eher urbaner Natur gewesen sein mögen, aber anno 2025 sind TÓMARÚM tatsächlich fast eine reinrassige Death Metal-Band geworden, wenn da nicht immer wieder diese großen atmosphärischen Momente z. B. gegen Ende von „Silver, Ashen Tears“ wären, die hier und da zwischen den technischen Salven auftauchen. Aber technische Salven dominieren „Beyond Obsidian Euphoria“ eindeutig und an dieser Stelle hängt der Genussgrad stark von individuellen Faktoren wie Bereitwilligkeit, Geduld und Sitzvermögen auf Empfängerseite ab. Denn nicht nur ist dies ein deutlich technischeres, weniger symphonisch aufgezogenes Werk – es ist vor allem ein knapp 69-minütiges, deutlich technischeres, weniger symphonisch aufgezogenes Werk.

Denn TÓMARÚM scheinen die Schwärze für den Todesblei zurückgenommen zu haben

Was zuvor Streicher-Sektionen und andere, mitunter organische Instrumente waren, sind nun deutlich subtilere Synths, die sich gelegentlich unter das Geschehen heben. Was zuvor Post-Black-Riffs waren, sind nun entfesselte, agile Tech-Riffs. Was zuvor eine dichte, krachende Produktion gewesen ist, wirkt nun deutlich feinsinniger und weniger überlebensgroß, seltsamerweise aber auch etwas weniger transparent. Es ist ein Unterschied von Tag und Nacht, Einflüsse der isländischen und der Post-Black-Szene sind fast komplett Einflüssen gewichen, die man am ehesten als „Blackwater Park“-OPETH auf agilem Death zwischen THE BLACK DAHLIA MURDER und ALLEGAEON bezeichnen kann.

Einen Eindruck von der reinen Tech-Death-Finesse hinter „Beyond Obsidian Euphoria“, wie sie in ein knackiges, wildes Häppchen paketiert worden ist, liefert „Blood Mirage“. Dieser Track ist aufgrund seiner Intensität auch vermutlich eine Art Lackmustest für interessierte Hörer, ob sie mit dem vielleicht kontroversesten Aspekt dieser Veröffentlichung, dem Schlagzeug, zurecht kommen. Dieses mauert die Musik zwar nicht so dicht wie noch der Vorgänger, sondern ist etwas höhenlastiger und aufgeräumter abgemischt. Dadurch fällt eine gewisse Gleichförmigkeit der Schläge aber auch umso mehr auf, was dem Ganzen einen klinischen, wie durchgetriggert und durchquantisiert klingenden Charakter verleiht. Die Gitarrenarbeit hinter „Beyond Obsidian Euphoria“ ist luftig genug geraten, um diesem Aspekt zwar irgendwie entgegenzuwirken, aber Soundästheten mögen aufgrund dessen mit Vorsicht an die Platte herangehen.

Das Ergebnis mag erschlagen, ist im Gesamten aber stark genug, um viele seiner Schwächen aufzuwiegen

Für alle anderen sei dieses neue Werk jedoch mit gutem Gewissen empfohlen. Die Clean-Passagen wirken manchmal etwas verlegen und schwachbrüstig, der Drumsound ist eben Geschmackssache und die schiere Länge der Veröffentlichung macht den Genuss der Platte am Stück anstrengend, vor allem da sich gewisse Harmonien und Phrasen zu sehr ähneln und daher zugleich alles und nichts als wiederkehrendes Motiv identifizierbar scheint. Eine höhere Dichte an atmosphärischen Oasen wie „Introspection III“ oder in „Halcyon Memory: Dreamsacapes Across The Blue“ hätte hier einiges an Lockerungsarbeit geleistet. Aber andererseits summieren sich hier angesichts der ansonsten erfreulich konsistenten Qualität hinter „Beyond Obsidian Euphoria“ auch „nur“ Kleinigkeiten auf, insofern ist der TÓMARÚM-Zweitling durchaus als gelungen zu bezeichnen.

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03.04.2025

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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