To The Rats And Wolves - Dethroned
Review
Man könnte sich herrlich aufregen über TO THE RATS AND WOLVES, aber man kann den Metalcore-Poppern auch durchaus positive Seiten abgewinnen. Fangen wir am besten damit an. Die Herren scheinen sich nicht so ernst zu nehmen, spielen gekonnt mit dem übergestülpten (oder von mir aus auch selbst erdachten) futuristischen Konzept, und besonders Bassist Stanislaw Czywil greift dazu passend in die Urtiefen der optischen Trickkiste. Sie verbreiten keine braune Scheiße, versuchen in Interviews humorvoll und unterhaltend zu sein. Die Produktion von „Dethroned“ ist äußerst gut gelungen, modern und heftig knallen die elf Songs aus den Boxen. Da kann man wirklich nichts dagegen sagen. „Dethroned“ ist in manchen Momenten außerdem so unfreiwillig komisch, dass man schon auf Absicht von Seiten der Band hoffen darf. Also auch auf die Habenseite damit.
Das war es dann leider mit den offensichtlichen Pro-Argumenten. Unterm Strich geht es aber um die Musik auf „Dethroned“, und die ist wirklich gar nicht mal so gut. Das liegt weder an den Fähigkeiten noch an den Zutaten. Eher ist es das Rezept als solches, welches einfach nicht aufgehen will. Dabei weist der Opener „Riot“ sogar einige amtliche SLIPKNOT-Verweise auf, aber eben nur Verweise. Im Verlauf von „Dethroned“ wechseln die beiden Sänger Dixi Wu (Dixi-Klo-Witz? Check!) und Nico Sallach allerdings immer wieder unpassend von zuckrigem Klargesang zu hysterischem Gekreische, so schnell, dass man kaum mitkommt. Rein inhaltlich gibt es ja aber auch rein gar nichts zu verfolgen, sodass das nicht weiter schlimm ist. Die großen Botschaften sind dann doch auf den Alben von anderen Künstlern. Beide Sänger machen ihre Sache durchaus nicht schlecht, allerdings beißen sich die beiden Stile und der Einsatz der jeweiligen Gangart scheint willkürlich.
Laut, leise, Breakdowns, Uffta… was nicht passt, wird passend gemacht
Breakdowns platzen unpassend in zaghafte Strukturen, zerschnitten von Material von der DJ BOBO-Resterampe, und so richtig will sich auch nichts festfressen. Der Versuch, irgendeiner Linie von „Dethroned“ zu folgen, ist ungefähr so erfolgversprechend, wie auf einer Autobahnbrücke stehend alle vorbeifahrenden Autokennzeichen lesen und auswendig lernen zu wollen. Meine erste Assoziation mit TO THE RATS AND WOLVES war, aufgrund von Farben und Stimmung auf Covern und in den Videos, das legendäre Playstation-Spiel „Oddworld: Abe’s Oddysee“. Und wer sich an den lässigen kleinen Mann mit der Hänger-Frisur erinnern kann, weiß auch, dass er zwar grundsätzlich höflich winkt, aber auch mal gerne in unpassenden Momenten einen Furz fahren lässt oder einen amtlichen Schulz provoziert. So ist es mit THE RATS AND WOLVES auch.
Wohin? Woher? Wofür?
Kein Weg wird konsequent beschritten, und am Ende gibt es weder Fisch noch Fleisch, davon aber reichlich. Teilweise entsteht der Eindruck, dass der polternde Flohzirkus sich nur vage abspricht und die pure Anarchie herrscht. Was man eigentlich schon zu den Pro-Argumenten zählen konnte, wenn es nicht so irre klingen würde und so absolut nicht nachvollziehbar wäre. Der Rausschmeißer „Dressed To Black“ zieht den poppigen Kuschelkurs zumindest stringent durch, sodass man hier wirklich nicht über Qualität, sondern nur noch über Geschmack streiten kann. Und es ist ebenfalls ganz klar zu unterstreichen, dass TO THE RATS AND WOLVES keine Stümper bezüglich der Bedienung ihrer Instrumenten sind. Den Synthieverantwortlichen mal ausgeklammert… keine Ahnung, in welchen bäuerlichen Dissen der sich herumtreibt. Lediglich an Stil und Sorgfalt mangelt es massiv. Elegische Soli, ein Ohrwurm, ein Hit oder auch nur ein wirklich packendes Riff, derartiges erwartet spätestens nach zwei Songs von „Dethroned“ niemand mehr. Rein faktisch sind 50 % der auf „Dethroned“ der gespielten Noten gut, nur passt kaum etwas zusammen. TO THE RATS AND WOLVES wollen alles und rennen in alle möglichen Richtungen gleichzeitig. Ganz sicher hätte man daraus weitaus mehr kombinieren können.
TO THE RATS AND WOLVES liefern Songfetzen mit Epilepsiegefahr
TO THE RATS AND WOLVES ist scheinbar die musikalische Quittung dafür, wenn Eltern ihre Kinder zu oft zu ohrenbetäubender Uffta-Uffta-Mucke im Boxauto fahren und zuviel Zucker essen lassen. Daraus entsteht diese hyperaktive Art, in der alle angeblich alles können und die Sorgfalt dem Schnellschuss weicht. Nein, es ist nicht so, dass alle alles können. TO THE RATS AND WOLVES‘ Stärke scheint zumindest nicht das Schreiben aufregender Songs zu sein. Stellt sich die Frage, wer ihrer aktuellen Zuhörer in 20 Jahren die Platten von TO THE RATS AND WOLVES herauskramen und sich wehmütig an guten alten Lieder erinnern soll? Niemand. Das liegt schlicht daran, dass die seelenlosen Songfetzen kein schlagendes Herz haben und nur dafür geschrieben zu sein scheinen, dass TO THE RATS AND WOLVES mal eine gute Zeit haben.
Warum auch immer, aber TO THE RATS AND WOLVES scheinen ihre Fans damit glücklich zu machen. Über 45.000 Menschen haben auf der Facebookseite der Band ein launiges Like hinterlassen, und ein Großteil davon wird „Dethroned“ freiwillig schlucken und gut finden. Wir haben bereits bei MODERN TALKING gelernt, dass die Qualität der Musik proportional zur Anzahl der Käufer steigt. Logo, oder? Das Gute an TO THE RATS AND WOLVES ist aber, dass sie nicht aufdringlich sind und man sie gut ignorieren kann. Ihr Ding ziehen die Typen weiter durch, ganz gleich, welche Zahl unter dieser Review steht. Ab auf die Haben-Seite damit. Ihr seid eine richtig geile Feiergemeinde!
To The Rats And Wolves - Dethroned
Band | |
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Wertung | |
User-Wertung | |
Stile | Metalcore |
Anzahl Songs | 11 |
Spieldauer | 46:14 |
Release | 02.09.2016 |
Label | Arising Empire / Nuclear Blast Records |
Trackliste | 01. Riot 02. The Game 03. Starting All Over 04. Dethroned 05. Knights of Decay 06. Prototype 07. Anti – Heroes 08. Outbreak 09. The Abyss 10. Love At First Bite |