To-Mera - Exile

Review

Ähnlich wie TO-MERA ein Werk ohne Zeit kreieren, indem es um ganz andere Dinge als Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft geht, kann ich mich an ein paar Dinge, die hinter mir liegen, auch nicht mehr oder lediglich schwammig erinnern. So ging es mir zumindest mit dieser britischen Kapelle. Da war doch was? Ja richtig, in einem Magazin, für das ich seinerzeit aktiv geschrieben hatte, war eine Platte von TO-MERA zur Scheibe des Jahres nominiert worden. Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob sich dabei um “Transcendental“ oder “Delusions“ gehandelt hatte, auf jeden Fall war mir die Kost für den schnellen Sprung damals zu schwer im Magen gelegen. Nachdem ich mir am heutigen Tag zum vermutlich drölfzigsten Mal das dritte Album der Fünfer-Kombo zu Gemüte geführt habe, kann ich auch bestens nachvollziehen, warum.

Zunächst einmal ist es im Regelfall immer anstrengend, eine Platte zu sezieren, die über eine Stunde Spielzeit auf gerade einmal acht Songs verteilt und die darüber hinaus inhaltlich auch noch in jede erdenkliche Richtung beladen ist. Ob es sich um rein musikalische Aspekte handelt oder um die Atmosphäre eines Konzeptalbums, dessen thematische Quintessenz sich mir noch nicht ganz erschlossen hat, TO-MERA arbeiten absolut am Variabilitätslimit. Lediglich an den sauberen Clean-Vocals von Sängerin Julie Kiss passiert auf “Exile“ recht wenig, was man als Überraschungsmoment charakterisieren könnte. Kann man aus rein instrumentaler Sicht selten noch von einigen Hardcore- wenn nicht gar Extreme-Metal-Ausbrüchen sprechen, so beschränkt sich die Gute hier nahezu ausschließlich auf ihr ansprechendes Sangesstimmchen.

Dies wirkt, obwohl es in der Gesamtsicht natürlich kaum ungewöhnlich erscheint, auf “Exile“ fast schon als ein etwas eintöniger Faktor, denn an allen anderen Ecken und Enden herrscht Hochbetrieb. Die progressiven Songstrukturen einer Obduktion zu unterziehen, scheitert unter Garantie schon im Ansatz – ich habe es gar nicht erst versucht. In jedem Fall spinnt die Saitenfraktion, in intensiver Zusammenarbeit mit Keyboarder Richard Henshell, gleich mehrere Ideen gleichzeitig, die manchmal in fast schon deplatziert wirkender Folge aneinander aufschließen. Auch wenn das Ganze kaum greifbar und ziemlich unnahbar erscheint, so kommt die atmosphärische Linie der Platte ohne zeitliche Verschiebung aber erstaunlicherweise fast immer hinterher. Alleine im dritten, äußerst düster beginnenden Song “The Descent“ wurden gleiche mehrere Stimmungsfacetten eingewoben, die durch vollkommen unterschiedliche musikalische Stilmittel hervorgerufen werden.

So macht es also kaum einen Sinn, aus dem metallischen Vollwerk verzweifelt und mit fragender Miene komplexeste Prog-Stückchen, Swing-Einflüsse und eine im Zusammenhang beinahe schon lachhaft klingende Elektro-Orgel herauszuknaspern. Die Hauptsache ist, dass TO-MERA doch irgendwie zu wirken scheinen. Das sollte wohl auch nach Möglichkeit nicht hinterfragt werden, doch Freunde von äußerst vielseitigem Prog-Metal werden sich ihren eigenen Reim auf die Briten machen.

17.10.2012

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