
Nach zwei Jahren kann man durchaus ein neues Album der britischen Prog Metal-Vorreiter HAKEN erwarten, ist die Veröffentlichung neuer Alben im Schnitt innerhalb von zwei Jahren bei den Herren zumindest zum Zeitpunkt des Verfassens ein einigermaßen nachvollziehbarer Trend. Nun, denkbar wäre es. Inaktiv waren die Mitglieder im Bandumfeld zumindest nicht, was man an einer Solo-Veröffentlichung von Richard Henshall in Form von dessen EP namens „Mu Vol. I“ sehen kann (gibt es eigentlich das NOVA COLLECTIVE noch?). Da zieht Co-Klampfer Charlie Griffiths natürlich nach und bringt seine neue Marke TIKTAALIKA nach vorne, ein Begriff, nach dem schon sein letztes Solo-Album benannt worden ist.
Ist „Gods Of Pangaea“ etwas für den hohlen Zahn zwischen HAKEN-Alben?
Prog-typisch handelt es sich hierbei im weiteren Sinne um ein wissenschaftlich-theoretisches Konzept, meint der Inuit-Begriff schließlich im weiteren Sinne ein Phänomen der Entwicklung, die Zwischenstufe zwischen den Ur-Meeresfischen und den noch beflossten Landbewohnern. Klingt schon sehr nach Brain-Teaser. Was unsereins jetzt allerdings nicht gerade auf der Bingokarte gehabt hat, ist, dass Griffiths mit dem Debüt „Gods Of Pangaea“ ganz Prog-untypisch ein ziemlich zünftiges Eisen irgendwo zwischen Groove, Alternative und Thrash Metal aufs Parkett gelegt hat mit einem Dan Goldsworthy-Cover, das die alten Werke von Ed Repka und Co. zu würdigen scheint.
Diese Mische wird natürlich mit Prog-Würze versetzt, was man vor allem in der zweiten Albumhälfte zu spüren bekommt. Aber es ist doch sehr konsistent darin, einen Sound zu replizieren, den man irgendwo zwischen MEGADETH, TESTAMENT und so den mittleren MACHINE HEAD („Through The Ashes Of Empires“ speziell) verorten kann. Die Instrumentierung wird durch Darby Todd (u. a. Devin Townsend) und Conner Green (HAKEN) komplettiert, während das gesangliche Szepter zwischen Daniël de Jongh (TEXTURES), Vladimir Lalić (ORGANIZED CHAOS), Rody Walker (PROTEST THE HERO) und Tommy Rogers (BETWEEN THE BURIED AND ME) herumgereicht wird.
Mitnichten: Charlie Griffiths ist mit TIKTAALIKA auf modernes Thrash-Gold gestoßen
„Gods Of Pangaea“ ist songschreiberisch im Grunde ein Amalgam aus dem Besten, was MEGADETH und MACHINE HEAD in ihren dramatischsten Momenten zu bieten haben. Der Prog-Faktor ist gegeben, überlagert die pure Metal-Macht nordamerikanischer Prägung aber zu keinem Zeitpunkt übermäßig. Die Gitarrenarbeit des Herrn Griffiths ist erwartungsgemäß scharfkantig und sauber, wuselt munter hin und her und bietet stets neue Texturen, sodass die relativ üppigen Trackspielzeiten nicht zur Tortur werden. Indes ist die Gesangsleistung der einzelnen Gäste eine wunderbare Angelegenheit, die so ein bisschen den Bogen zwischen Dave Mustaine, Chuck Billy und Eric AK spannen und sich damit wunderbar ins thrashige Backdrop einfügen.
Aber ganz so einfach machen TIKTAALIKA es ihren Hörern dann doch nicht, denn Griffiths und Co. lassen die Gesangsstile ihrer Gäste immer gern ein Stück weit in das Songwriting übergehen. Die Gastauftritte von de Jongh kommen noch am ehesten den angerissenen Groove-/Thrash-Konglomerat nahe, wobei der Titeltrack mehr im Midtempo unterwegs ist mit höherem Alternative-Einschlag. Lalićs Beiträge sind in epischere, bedächtiger groovende Tracks gewandet, wobei „The Forbidden Zone“ ein bisschen die Schwelle zu BOLT THROWERschem Death Metal kratzt. Rody Walkers Gastspiel gestaltet sich einer hysterischen Gesangsdarbietung gemäß angemessen wuselig, ansatzweise in Richtung BONDED BY BLOOD gehend, während Rogers‘ Song mit erhöhtem Prog-Gehalt daher kommt.
Hier werden sogar einige Klassiker des Groove und Thrash Metal aufgegriffen
Was die Songs im gesamten jedoch gemein haben, ist eine Alternative-Erdung, die sich in der Regel in der Hook niederschlägt. Hier zahlt sich die Wahl von verschiedenen Gastsängern aus, die eine solche Hook natürlich auf unterschiedliche Weise attackieren. Tommy Rogers liefert eine recht konventionelle, irgendwie an SPINESHANK gemahnende Variante. Rody Walker geht in eine ähnliche Richtung, kraft seiner markanten Stimme jedoch etwas energetischer und hysterischer. In Sachen Soul übertrumpft Vladimir Lalić all seine Kollegen, der auf „Mesozoic Mantras“ zur absoluten Höchstform aufläuft. Daniël de Jongh schließlich liefert – wie angedeutet – die klassisch thrashige Variante.
Wo die Entscheidung für Gaststimmen sicher ein Stück weit für Diskussionsstoff sorgen wird, sind die harschen Vocals. In der Hinsicht fällt Tommy Rogers am ehesten aus dem Rahmen. Die Gutturals der anderen, speziell von de Jongh und Lalić, gehen eher in die Tiefe, was irgendwie etwas besser passt oder zumindest aufgrund ihrer quantitativen Präsenz auf der Platte etwas stimmiger wirkt, als die Schreie von Rogers. Mitnichten unpassend, rauben sie „Gods Of Pangaea“ das bisschen Konsistenz, dass aus einem exzellenten Album ein nahezu perfektes Release gemacht hätte. Möglicherweise – wenn sich TIKTAALIKA für Griffiths als Projekt lohnen sollte – kann man sich in Zukunft vielleicht sogar auf eine Stimme einig werden, vorzugsweise de Jongh oder Lalić.
Am Ende stehen Griffiths die Türen für eine ganz neue Karriere mit TIKTAALIKA weit offen
Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. „Gods Of Pangaea“ ist ein großartiges, modernes Thrash-Album mit progressiven Kniffen, das den Blick zurück nicht scheut, sich davon aber auch nicht abhängig macht. Das Album ist gerade progressiv genug, um sich strukturell interessant zu halten, lässt aber immer mit genügend Raum für markige, nicht zu masturbative Thrash-Riffs, die einfach nur in Mark und Bein gehen. Ist „Gods Of Pangaea“ der Happen für zwischendurch vor dem nächsten HAKEN-Album? Eher würde unsereins es als etwas ganz Eigenes bezeichnen mit Potential für ein aufregendes Eigenleben, wenn Griffiths dran festhält und die Thrash-Klassiker weiterhin so souverän verwebt. Aber das ist Zukunftsmusik, „Gods Of Pangaea“ ist hier und jetzt und gehört gehört.
Danke für den Tipp – da freue ich mich sehr drauf und ohne die Hintergrundinfos von dir – und rein vom Plattencover –
hätte ich mir das nicht anhören wollen, zumal mir der Name nix sagte, obwohl ich von Haken eigentlich alles super finde.
Bin sehr gespannt auf das Werk! Kommende Woche ist es soweit. Freitag ist Metaltag.
PS: Amazon schmeißt mir noch ein weiteres Album raus unter dem Titel – von 2022 – das ist richtig gut, läuft gerade.
Gleiche Plattenfirma(Inside out) und Herr Griffiths ist auch wieder dabei.
Schönes Wochenende
Jo,
ich hab das Vorgängeralbum jetzt zweimal durch, freu mich wie blöde auf kommende hier reviewte Album, dem Vorgänger würde ich schon ne 9/10 attestieren und macht richtig Laune, stellenweise hört man da schon den herrliche gehackten Haken Style an der Klampfe.
Schrabbeldieschrabb – ei was lieb ich das, von nem 38er in die Wampe gedrückt – macht Laune.
Gesang ist auf dem ersten Album sehr abwechslungsreich und nicht nur Geschrei/Gegröhl – da fühl ich mich wohl.