Thy Catafalque - XII: A Gyönyörű Álmok Ezután Jönnek

Review

Soundcheck November 2024# 7

Wie schlimm ist das Schema F eigentlich? Wahrscheinlich hängt das stark vom Kontext ab. Wenn eine Band mit gediegenem Heavy Metal-Sound nach Schablone zeichnet, stellt sich rasch eine Vorhersehbarkeit ein, die im schlimmsten Fall in einem Konsensalbum mündet. Aber wenn ein Mann wie Tamás Kátai „dasselbe wie immer“ macht, muss deswegen längst noch keine Selbstwiederholung dabei herum kommen. Die Eklektik hinter dem Banner THY CATAFALQUE gebietet es, dass sich im Falle der neuen, zwölften Platte „XII: A Gyönyörű Álmok Ezután Jönnek“ trotz wiederkehrender Elemente, trotz wiederkehrender Gastsänger wie Attila Bakos und Martina Veronika Horváth aus allem doch wieder etwas ganz Eigenes entwickeln sollte.

Dasselbe wie immer bei bei THY CATAFALQUE?

Die Arbeitswut des Herrn Kátai jedenfalls konkurriert mit der eines Devin Townsend zu dessen kreativer Hochphase, wenn man bedenkt, dass „XII: A Gyönyörű Álmok Ezután Jönnek“ gerade mal ein Jahr auf den Vorgänger „Alföld“ folgt. Besagter Vorgänger fuhr ja einige der experimentelleren Aspekte des Sounds zurück und konzentrierte sich vermehrt auf den durchschlagenden Metal-Anteil – nicht ausschließlich, aber eben vermehrt. „XII: A Gyönyörű Álmok Ezután Jönnek“ hat eine ebenso durchschlagende Wucht inne, nimmt die folkigen Elemente aber wieder bereitwilliger mit – und bringt so vielleicht den quintessentiellen Sound von Tamás Kátai auf den Punkt.

Mit der Vision, gemäß dem Vorgänger ein weiteres, stringentes Metal-Album zu veröffentlichen, soll wohl die Entwicklung dieser neuen Platte begonnen haben. Und auch wenn man das bei druckvoll groovenden Kloppern wie „Vasgyar“ und „Alahullas“ durchaus zu spüren bekommt, blüht die Stilvielfalt hinter dem THY CATAFALQUE-Banner auf diesem Album wieder vermehrt kaleidoskopisch auf, vornehmlich in Form von ungarischen Folk-Elementen, aber durchaus auch mal mit etwas Mut zur Abenteuerlust. „Vakond“ zum Beispiel behält sich zwar den distinktiv galoppierenden Tanzschritt des Ungarn bei, zieht ihn aber für die Dauer des instrumentalen Tracks mal eben kurz in den Wilden Westen um.

Mehr Zeit zur Reife hätte ein gutes Werk hier großartig gemacht

Die Mischung mit den Eckpfeilern bestehend aus Folk und härterem Metal manövriert sich vollkommen natürlich durch die verschiedensten Einflüsse hindurch, ohne zu irgendeinem Zeitpunkt den Sinn für die eigene Identität zu verlieren. Nur so gelingt es Kátai, das eröffnende „Piros Kocsi, Fekete Ej“ mit seinen volkstümlichen Gesängen nahtlos in das wüste „Mindenevo“ übergehen zu lassen, ohne dass sich da eine klangliche Kluft zwischen diesen beiden Modi auftut. Das ist natürlich nichts, was man nicht mittlerweile von ihm erwarten würde, selbst wenn man den vergleichsweise gediegen klingenden Vorgänger „Alföld“ noch im Ohr hat. Aber es bleibt auf weiter Flur der einzige Übergang, dem Kátai hier auf dem Album so geschmeidig gelingt.

Dank der Top-Tier-Produktion kommt das alles zudem so kristallklar und sauber auf der Empfängerseite an, dass man vermutlich davon essen könnte. Kurzum: Dieses Album, das man in seinen maskulineren Momenten als Balkan-Variante von BORKNAGAR bezeichnen kann (v. a. „Vilagnak Vilaga“), das in seinen feminineren, von Horváth dominierten Momenten dann wieder zum Verweilen und Träumen einlädt, ist mal wieder ein Beweis, dass Tamás Kátai der kreative Dampf so schnell einfach nicht abhanden kommen möchte. Man wünscht sich vielleicht des Öfteren so nahtlose Übergänge zwischen den einzelnen Stilphasen wie zu Beginn der Platte, bekommt letztlich aber wieder einmal die volle THY CATAFALQUE-Erfahrung in gewohnter Qualität geliefert.

An dieser Stelle wäre vielleicht ein etwas längerer Reifeprozess angedacht gewesen um die Übergänge durchgehend auszufeilen und „XII: A Gyönyörű Álmok Ezután Jönnek“ insgesamt deutlich geschmeidiger fließen zu lassen, dann hätte sich das Album umso mehr aus der Diskografie hervor gehoben …

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11.11.2024

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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