Thy Catafalque - Alföld

Review

Ist ja schon beeindruckend, welch einen konsistenten Arbeitsrhythmus Tamás Kátai so an den Tag legt. Neben anderen Verpflichtungen hat er seit Ende der Neunziger mit seinem Projekt THY CATAFALQUE nunmehr zwölf Alben veröffentlicht, die Hälfte davon wiederum seit „Sgúrr“ von 2015. Und mit dem hier vorliegenden „Alföld“, wieder einmal entstanden mit freundlicher Unterstützung eines Battalions an Gastmusikern, macht er das besagte Dutzend nun voll. Dabei sollte man sich von der von ihm gewählten Genrebezeichnung „Avantgarde Metal“ nicht einschüchtern lassen, viel mehr ist der Sound bekanntermaßen ein eklektisches Konglomerat aus Metal-, Folk- und diversen anderen Einflüssen, die eine mittlerweile auch schon routinierte Symbiose eingehen. Aber auch ein Tamás Kátai kann Abnutzungserscheinungen zeigen, siehe beispielsweise „Geometria“.

Auf „Alföld“ regiert durchschlagende Härte statt stilistische Jongleurskunst

Wie schlägt sich also „Alföld“? Im Gesamten mag man angesichts früherer, deutlich eklektischerer Leistungen des Ungarn, hier ins Staunen geraten, denn „Alföld“ zeigt Tamás Kátai und Co. von ihrer roheren Seite. Die extremeren Klänge von Seiten Kátais sind ja speziell auf Vergangenen Leistungen in unterschiedlicher Intensität hervor diffundiert. Zuletzt ging es mit „Naiv“ vergleichsweise Folk-lastig zu, während auf „Vadak“ die Härteschraube wieder angemessen angezogen worden ist. Konsequenterweise wird diese Schraube auf „Alföld“ nun noch fester gezogen; das Ergebnis ist ein Album, das richtig heavy und gern auch ziemlich direkt drauf los hämmert. Das geht schon beim eröffnenden „A Csend Hegyei“ los, das man dank der fetten Grooves und Lambert Lédeczys Growls stellenweise gar für eine BOLT THROWER-Huldigung missverstehen könnte, wenn da nicht diese atmosphärischen Synths subtil im Hintergrund mitmixen würden.

Im weiteren Verlauf möchte man immer wieder den Begriff „Dark Metal“ in den Mund nehmen angehörs einer Mixtur, die heuer stärker auf den Extrem-Metal-Anteil des THY CATAFALQUE-Sounds gewichtet zu sein scheint, dabei jedoch immer wieder diese Synths ins Spiel bringt, die eine gewisse Düsternis mitbringen. Es hat stellenweise was von der Gothic-Ecke mit einigen Verweisen in Richtung früher PARADISE LOST oder TIAMAT und es dauert auch bis zum an vierter Stelle der Trackliste platzierten Titeltrack, bis sich die folkige Seite Kátais in der zweiten Hälfte des Neunminüters in Form eines wie immer hervorragend von Wiederholungstäterin Martina Veronika Horváth besungenen Parts in seiner gesamten Pracht offenbart. Das geschieht wiederum jedoch nicht ganz ohne metallische Begleitung, die ein bisschen an frühe AMORPHIS denken lässt.

Der Eklektizismus weicht vermehrt zünftiger Metal-Kost …

Tatsächlich geht dieser metallische Druck so gut ins Mark, dass man in der ersten Hälfte des schon mehr nach typisch neuzeitlichen THY CATAFALQUE á la „Naiv“ klingenden „Folyondár“ fast geneigt ist, die Skip-Taste zu betätigen, bevor der Song gerade rechtzeitig und auch ein bisschen abrupt in deutlich quirligere, jazzigere Folk-Sphären vordringt. Und da ist er dann auch endlich erstmals auf dieser Platte, dieser eigentümliche Rhythmus, den unsereins so gerne den Kátaischen Tanz nennt. Dem folgt mit „Csillagot Görgető“ etwas, was wie ein ungarischer Viking-Metal-Track anmutet, der sich einerseits den markigen Wikingermarsch von AMON AMARTH zum Mitrudern, andererseits aber auch ein bisschen die Atmosphärik und möglicherweise ein bisschen Schwärze von elegischeren HELHEIM á la „Rignir“ zueigen macht.

Ein bisschen lose hängt das knapp zweiminütige Synth-Zwischenspiel „Szíriusz“ in der Luft. Es klingt fast als hätte es mal das Intro eines klassischen, schwedischen Death-Metal-Albums werden sollen, entwickelt sich aber leider nicht in eine ausgewachsene Stockholm-Keule, sondern bleibt recht inkonsequent da stehen. Der folgende Rausschmeißer „Néma Vermek“ beginnt zwar auch mit Synths, diese greifen aber keine Phrase von „Szíriusz“ auf, sondern verfolgen wiederum ganz eigene Motive und stehen im durch schwere, metallische Grooves dominierten Song auch nur bedingt im Mittelpunkt. Dafür gibt es hier noch mal herrlich viel Druck auf die Omme, wiederum mit markantem Blackened-Einschlag und einigen Clean Vocals, die fast ein bisschen Hard Rock-Attitüde durchscheinen lassen.

… die THY CATAFALQUE aber auch echt gut in Mark und Bein gehen lassen

„Alföld“ hat einen dicken, modernen Sound, bei dem die Backen amtlich schlackern. Das steht den angemessen feste drückenden Tracks auch gut zu Gesicht, die dadurch eine geradezu körperliche Präsenz entwickeln. Dazu bedienen sich THY CATAFALQUE mehr als nur einmal aus dem Fundus der Extrem-Musik, vorzugsweise deren wohl gealterten Neunziger-Inkarnationen. „Alföld“ zeigt sich entsprechend vergleichsweise selten von Kátais Experimentierfreude gezeichnet, was bei vielen der düstereren Songs aber auch nicht gepasst hätte. Und wenn sein Eklektizismus doch mal durchscheint, wirkt es umso erfrischender. Entsprechend ist „Alföld“ ein sehr einsteigerfreundliches Album für Neulinge auf dem Gebiet THY CATAFALQUE, die sich aus Richtung der härteren Gangarten des Metal an den Sound des Ungarn und seiner Rasselbande herantasten, aber nicht gleich von unzähligen Stilverastelungen erschlagen werden möchten. Kátais Serie an hochqualitativen Releases will indes auch diesmal nicht abreißen …

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13.07.2023

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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2 Kommentare zu Thy Catafalque - Alföld

  1. Se Wissard sagt:

    Bei dem geht es mir mittlerweile zu schnell. Meta hat mich umgehauen, dann bin ich nicht mehr hinterher gekommen, weil gefühlt ständig was neues kam. Fühlt sich einfach etwas gesättigt an, aber das Cover baut Stimmung auf. Wird also doch Mal angetestet.

  2. Lysolium 68 sagt:

    Es wäxxt!!!😂

    9/10