Surprise, Surprise … die größte Überraschung bei THY ANTICHRIST ist die Labelwahl. Dass die Kolumbianer ausgerechnet beim österreichischen Branchenriesen Napalm Records unterkommen, wirkt auch im zweiten Moment komisch. Das hat nichts mit der Qualität von „Wrath Of The Beast“ zu tun, sondern vielmehr damit, dass sich südamerikanischer Black/Thrash viel eher auf Liebhaber-Labels findet als im großen Business.
Doch von Underground-Gerumpel (übrigens wertungsfrei zu verstehen) ist „Wrath Of The Beast“ ebenfalls weit entfernt. Der Sound ist glasklar, druckvoll und fast ein bisschen (zu) steril. Das ist einerseits schade, weil es dem flotten und durchaus bissigen Material ein bisschen die Zähne stumpf poliert, andererseits auch sehr positiv, weil die filigrane Gitarrenarbeit in den Vordergrund tritt. Diese ist trotzdem recht dünn, spielt sich aber aufgrund ihrer Variabilität bei THY ANTICHRIST gegenüber dem Nähmaschinen-Drumming immer wieder erfreulich in den Vordergrund.
THY ANTICHRIST haben die „Nähmaschine“ für sich entdeckt
Apropos „Nähmaschine“: Diese haben THY ANTICHRIST wahrlich gemietet. Allerdings können die Kolumbianer auch anders, wenn sie zum Beispiel in „Skeletons Of Disgrace“ oder „Walking Through The Soul“ eher bedächtig die atmosphärische Seite in den Mittelpunkt rücken. Klar, Innovationen erschafft man nicht über Nacht, und das ist auch auf „Wrath Of The Beast“ nicht der Fall. Doch die Mixtur ist unterhaltsam. Hier lukt mal die südamerikanische Black/Death-Szene um die Ecke, dann fühlt es sich wieder ein bisschen nach der BEHEMOTH’schen Macht an. Das ergibt eine komische Kombination, die nicht immer Früchte trägt.
Im Vordergrund stehen das bereits angesprochene hohe Tempo sowie die flirrend surrenden Gitarren. Auch das eine oder andere Gitarrensolo findet sich auf „Wrath Of The Beast“, genauso wie genretypischer Gesang, der eher gebellt als gekeift ist. Trotzdem sorgt die hohe Bereitschaft zur Variation nur selten für Begeisterung. Mitunter stellt sich die Frage, was wollen die Herrschaften bloß? Zum Beispiel lässt sich im angesprochenen „Walking Through The Soul“ bei aller handwerklichen Klasse ein roter Faden nur schwerlich erkennen – von wüster Aggression über den Versuch einer Midtempo-Hymne bis hin zum Streben nach wirklich finsteren Momenten bietet der Song alles bis auf große Ankerpunkte – übrigens ohne dabei wirklich schlecht zu sein.
„Wrath Of The Beast“ bietet viel zu entdecken, ist aber gewöhnungsbedürftig
Das ist eben das schöne an „Wrath Of The Beast“. Es gibt quasi in jeder Sekunde etwas zu entdecken, aber die Eingewöhnung fällt schwer. Nicht, weil THY ANTICHRIST großartig Neues im Black Metal erzählen, sondern weil sie so verdammt viele Einflüsse unter einen Hut quetschen … und es eben nicht immer gelingt. Übrigens: Richtig gute Nummern wie der Opener „Desolation“ oder das nicht gerade zimperliche, durchgehend peitschende „The Great Beast“ hat das Album natürlich auch zu bieten. Definitiv braucht „Wrath Of The Beast“ Zeit, damit man sich an den Sound gewöhnen kann, und kann auch dann nicht immer überzeugen – aber es ist ein Album, das man sich durchaus (auch öfter) anhören kann.
Kommentare
Sag Deine Meinung!