Throes Of Dawn - Quicksilver Clouds

Review

Es gibt CDs, die sind (noch) keine Klassiker, aber andererseits auch an diesem Orte, obwohl vor einiger Zeit veröffentlicht, nicht zu ihrem wohlverdienten Recht gekommen. Dazu zählt das im Jahre 2004 unter die Leute gebrachte „Quicksilver Clouds“ der finnischen Barden von THROES OF DAWN. Mit „Dreams Of The Black Earth“ und „Binding The Spirit“ waren dieser Band ja atmosphärisch dichte, dunkle, außergewöhnlich gute, komplex und verträumt arrangierte Perlen des Dark-/Black Metal-Genres gelungen. Die nebelverhangenen melancholischen Mittelalterpassagen konnten von keiner anderen Band je überboten werden. Bevor im Herbst nun das neue Werk von THROES OF DAWN erscheint, möchte ich dieses zu Unrecht relativ unbekannte Opus der Finnen in die Erinnerung zurückrufen, denn es dürfte an diesem unheiligen Orte genügend Leute geben, die dieser einzigartigen Band Gefallen entgegenbringen dürften.

Die Keyboard-lastigen Klänge von „Vertigo“, dem Opener von „Quicksilver Clouds“ sind zunächst überraschend, auch die gelungenen Klargesänge. Sphärisch tönen die Keys, klangliche Weite erzeugend, die böse Stimme bringt die für THROES OF DAWN so berüchtigte Dramatik ins Spiel. Das schleppende Grundmotiv, von Bass und äußerst gutem Schlagzeug (wir erinnern uns gern: Drummer Jani Martikkala war u.a. bei AND OCEANS und ENOCHIAN CRESCENT) vorgegeben hypnotisiert sofort. Noch eine Schippe typischer tönt dann „Hollow Reflection“, das diese nur von THROES OF DAWN exzellent beherrschte ganz eigenwillige Atmosphäre im Grenzbereich von Euphorie und Traurigkeit verbindet, etwas, das INSOMNIUM mit ganz anderen musikalischen Mitteln auch sehr gut erreichen. Treibend, dabei stets das interessante Wechselspiel von Black- und düsteren Clean Vocals nutzend und jede Menge von atmosphärisch-fließenden Gitarrenakkorden einsetzend, wird der Hörer gefangengenommen von diesen Irrgärten, in denen wirklich alles passieren kann. Die Keyteppiche faszinieren hier, weil sie nicht zuckernd, sondern die anderen Instrumente unterstützend, gleichsam Spannung aufbauend, eingesetzt werden.

„Transcendence“ ist ein Fave meinerseits. Warum? Nun, der behäbige Beginn, der Morgen, der Aufbruch, das Tempo, das sodann eingeschlagen wird, die ziemlich gemeine Stimme, die eine so gute Kombination mit den auch recht düster einherkommenden klaren Gesängen eingeht, die atmosphärische Wendung ab Minute 1:45, das ist schlicht genial. Und der Drummer sagenhaft gut. Ein zehn-Punkte Song ist das, dann wieder das Mittelalter, der im Dunst liegende sehr dunkel anmutende Wald, der durchwandert werden soll, und das, obwohl wir wissen, dass uns die Bewohner desselben nicht allzu gewogen sind. „Black Carbon Snow“ verführt weiter, wir können nun nicht mehr loslassen, THROES OF DAWN sind unglaublich stark, kompositorisch wie instrumental, die Blackstimme, die den Song dominiert, ist wie gemacht für derartige Stimmung. Dieses marschierende, treibende Midtempo liegt ihnen, play it loud, kann ich da nur sagen. Ruhig bleibt man nicht dabei.

Beim Titeltrack „Quicksilver Clouds“ sitzen wir benommen, lassen die Beschwörung gerne über uns ergehen und ergeben uns dem bevorstehenden Drama, denn sind das nicht Heerscharen von apokalyptischen Reitern da in den Wolken und sollten die in Freundschaft zu uns heruntersehen? Oder sitzen wir demnächst in Valhalla? Erstmal schließen wir paralysiert die Augen; das instrumentale hinhaltende Gitarren-Zwischenspiel begeistert. Auch die vertonte Dämmerung. Gott, ach was, Satan, sind die gut, diese Finnen. Auch rockige Töne und ruhige Soli beherrschen sie unglaublich gut. Sie gehören eben zu den Besten. Und die lassen sich nichts vormachen. „Hyperion“, nimmt das Bezug auf Hölderlin? „Doch Uns Ist Gegeben, Auf Keiner Stätte Zu Ruhn…“. Der zurückgezogene, verrückt werdende Einsiedler in seinem Turm? Vielleicht. Musikalisch ist dieser Track vertonte Verzweiflung, Hoffnung, Aufstand, Ruhe, kurz: ein Widerstreit unterschiedlichster Gedanken und Emotionen. Das abschließende Solo ist glänzend. „The Destroying Angel“ lässt kurz innehalten, bevor auch hier die Black Metal-Fährte aufgenommen wird, virtuos die Gitarren, zurückhaltend, doch eindringlich die Keys. Die längere düstere Instrumentalpassage ab Minute 2:50 kann ich nur empfehlen, ebenso das rauschende Gitarrensolo und die famose Auflösung dieses mitreißenden Finales. Beinahe wird darin einmal kurz Mark Knopfler gestreift, zu hören um Minute 4:25. „Halo Of Flies“ fährt nochmals bösen hymnisch-schleppenden Black auf, eindringlich intoniert, beschwörend, rezitativ, sehr finster, diese Blume des Bösen. Der Abschluss „Ophelia“ gerät verbindlicher, Keys und Klargesang begleiten uns aus der gemeinen Zone in den düsteren Garten mit den seltsamen Statuen, die so lebendig scheinen im Zwielicht…

Falls es sich hier bei manch einer musikalischen Sequenz der Dunkelheit tatsächlich um Gothic-Elemente handeln sollte, wäre das der Beweis, dass es auch sehr guten Gothic geben kann. Mir ist die Bezeichnung Dark-Black allerdings lieber. Unbedingte Kaufempfehlung für: BERGRAVEN-Lunatics, DIMMU-Maniacs, NEGURA BUNGET-Physiker, SUMMONING-Kreuzfahrer bzw. einfach alle, die sehr gut gemachten Dark-/Black Metal mit einigen wenigen gut integrierten moderneren elektronischen Farbtupfern zu schätzen wissen.

22.07.2007
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