Bereits mit ihrem letzten Werk „Vheissu“ haben sich THRICE vom melodischen Hardcore der vergangenen Tage entfernt und sind in ruhigere, komplexere Ebenen vorgestoßen. Diesen Weg sind sie nun konsequent weitergegangen haben dieser Tage mit den ersten beiden EPs ihres geplanten Vierteilers „The Alchemy Index“ namens „Fire“ und „Water“ erneut unter Beweis gestellt, dass sie unter keinen Umständen zu Stagnation bereit sind.
Den vier Elementen aus der Alchemie ist „The Alchemy Index“ also gewidmet. Mit aufwendig gestaltetem Beiheft präsentieren sich die beiden EPs, durchsetzt mit mittelalterlichen Illustrationen, die ständig in Verbindung zum jeweiligen Thema Feuer oder Wasser stehen und viel Liebe zum Detail beweisen. Zusätzlich zur vordergründig gegensätzlichen Thematik der beiden Teile unterstreicht auch die räumliche Aufteilung auf zwei Tonträger, dass sowohl „Fire“ als auch „Water“ als jeweils eigen begriffen werden wollen und sollten. Gleichzeitig unterstellt die groß angelegte Aufmachung eine weitläufige Epik, die von der hardcorelastigen Vergangenheit der Band her kaum zu erfassen ist und unverständlicherweise manchen Leuten anscheinend schon ausreicht, um rhetorische Totschläger wie „Meisterwerk“ oder ähnliche Superlative als Knüppel-aus-dem-Sack-Argumente zur Begründung von größter Gerührtheit auszupacken. Doch der Reihe nach.
„Fire“ dürfte bei den Anhängern der früheren Alben am ehesten Anklang finden. Wütende Schreie und wuchtige Riffs untermalen Allegorien rund um das Feuer – wer hätte das gedacht – und der eine oder andere vertrackte Rhythmus bietet eine Grundlage für Ausflüge in apathisch-ruhige („Backdraft“) oder gar allzu eingängige Gefilde wie in „Burn the Fleet“. Im Großen und Ganzen dominieren aber Stromgitarrenwände, die in schlüssigen Strukturen mit den genretypischen Gitarrenläufen kombiniert werden. Die Refrains reißen dabei nicht ganz so stark mit, wie das mit dem vorliegenden Material hätte ausgearbeitet werden können, laufen andererseits so aber kaum Gefahr, sich allzusehr anzubiedern. Das allerdings sieht in den seichteren Stücken schon anders aus und davon gibt es auf „Water“ eine Menge. Öfters kommen THRICE an derjenigen Sorte Banalität vorbei, die leider allzuoft mit Tiefgang und Nachdenklichkeit verwechselt wird. „Lost Continent“ prangert die verklärenden Vorstellungen vom paradiesischen Urzustand als „soothing lullabies“ an und ist dabei doch selbst eines; „The Whaler“ beschreibt die Entbehrungen und Ängste eines Seemannes in Tränendrüsenakkorden und wird nur vom vollkommen untypischen Rhythmus gerettet, der stetig sanft auf- und abebbt. Ohnehin wird auf „Water“ konkret gemacht, was auf „Fire“ in verworrenen Metaphern nur angedeutet wurde – das muss aber nicht von vorneherein Gutes verheißen, denn die wahllos zerstörerische, aber auch befreiende Wirkung des Feuers wird durch die schleppende Theatralik eines „The Flame Deluge“ treffender beschrieben als die Unbestimmtheit des Meeres durch diktatorische Aneinanderreihung von Gefühlen wie in „Open Water“.
Dabei wollen die Teile des „Alchemy Index“ ja nicht mehr sein als verschiedene Gefühle, jeweils auf eines der vier Elemente zugeschnitten. Was THRICE also früher in ihrer Musik vereinen wollten, wird nun bewusst auseinandergezogen. Das klingt ein wenig nach Reißbrett und erzwungenen Kontrasten, wird von der Band aber stimmig und souverän umgesetzt, sodass sich „Fire“ und „Water“ im Charakter letzten Endes gar nicht so sehr unterscheiden und gut ergänzen. Auch anno 2007 sind THRICE eben immer noch THRICE. Das experimentelle Flair tut dabei besonders dem ansonsten seichten zweiten Teil gut und rettet ihn vor der Bedeutungslosigkeit. Der erste ist sicher über jeden Zweifel erhaben und rechtfertigt schon für sich das Interesse am „Alchemy Index“. Auf den dritten und vierten Teil, Erde und Luft, darf man in jedem Fall gespannt sein.
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