Wer sich heute für progressive Musik interessiert, kommt an den Übergöttern DREAM THEATER natürlich nicht vorbei. Insofern ist es nicht weiter verwunderlich, dass der Gitarrist Michael Harris und seine Band THOUGHT CHAMBER auf ihrem Debütalbum „Angular Perceptions“ in den Fußstapfen der New Yorker wandeln.
Mit ENCHANT-Frontmann Ted Leonard hat Harris dabei einen Sänger gefunden, der dem nie ganz unumstrittenen James LaBrie durchaus das Wasser reichen kann. Die Instrumentalfraktion bleibt im direkten Vergleich mit den Kollegen des ungleich berühmteren Vorbilds zwar – was nicht wirklich verwundert – deutlich zurück, Talent und musikalische Klasse ist dennoch erkennbar.
Beim für seinen hohen Qualitätsstandard bekannten „Inside Out“-Label sind THOUGHT CHAMBER bestens aufgehoben und dürften auch die Aufmerksamkeit bekommen, die ihnen zusteht. Trotz komplexer Strukturen und verschachtelter Arrangements verfügen die Stücke über genügend Groove und eingängige Melodien, um rasch ins Ohr zu gehen.
Nach einem zweiminütigen Intro erweist sich der Opener „Sacred Treasure“ als echter Hit, der die Stärken der Band gekonnt auf den Punkt bringt. Wer auf frickelige Instrumentalpassagen steht, wird mit „Mr. Qwinkle’s Therapy“ behandelt, bei dem sich die Musiker gekonnt die Bälle zuspielen und dadurch die Spannung zwischen ihren Instrumenten gekonnt auf die Spitze treiben.
Irgendwo zwischen Science-Fiction und Mystik bewegt sich das geschmackvolle Cover-Artwork. Und auch die Texte spielen reichlich mit mystischen Motiven, wie „A Legend’s Avalon“ oder „Transmigration Of Souls“ rasch klarmachen. Nicht wirklich futuristisch, zumindest aber recht modern tönt hingegen die musikalische Seite der Band. Eine leichte SYMPHONY X-Schlagseite und vereinzelte Reminiszenzen an THRESHOLD peppen den Sound insgesamt etwas auf.
In „Balance Of One“ überrascht Michael Harris als Sänger, macht aber zugleich auch klar, warum er sich für seine Band die Unterstützung von Ted Leonard gesichert hat. Aus der Reihe tanzt auch das balladeske „Silent Shore“, das auf den teilweise etwas holprigen, aber relativ geradlinigen Rocker „God Of Oblique“ folgt. Der abschließende Longtrack „A Mind Beyond“ zieht schließlich mit wechselnden Tempi und Rhythmen noch einmal alle Register.
Schlecht klingt dieses Album fürwahr nicht. Leider bekommt man jedoch allzu oft den Eindruck, das alles bereits zu kennen. Wirklich innovativ geht anders. Zudem verliert sich die Band vereinzelt in ihren Instrumentalkapriolen und versäumt es, rechtzeitig wieder auf den Punkt zu kommen. So wirken die Kompositionen nicht hinreichend zwingend und lassen einiges von ihrem durchaus vorhandenen Potential ungenutzt verpuffen.
Für das erste Album einer Nachwuchsband geht „Angular Perceptions“ auf jeden Fall in Ordnung, zumal bei der Band durchaus noch Luft nach oben zu sein scheint. Freunde melodischer Frickelorgien dürfen hier durchaus ein Ohr riskieren, auch wenn das Album kein ernsthafter Ersatz für das sich am Horizont bereits abzeichnende nächste DREAM THEATER-Meisterwerk sein dürfte.
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