Thief - Map Of Lost Keys

Review

Soundcheck Juli 2019# 12

THIEF sind das Brainchild von dem Amerikaner Dylan Neal, den wohl nur Szene-Eingeweihte und Hardcore-Fans von seinem Mitwirken als Hackbrett-Spieler im experimentellen Black-Metal-Projekt BOTANIST kennen sollten. Wie so oft im Black Metal die Künstler nebenbei ihren Hang zur elektronischen Musik entdecken, ist auch bei THIEF vom ursprünglichen Ausgang wenig übrig geblieben. Musikalisch, versteht sich. Textlich widmet man sich immer noch allerhand spirituellem und rituellem Spuk, der auch musikalisch durchaus manchmal ins Dunkle abdriftet, aber eigentlich doch nicht so recht mit seiner ehemaligen Musik anknüpfen mag.

„Map Of Lost Keys“ versteht sich als elektronische Wundertüte

Das Konzept ist es nun, auf „Map of Lost Keys“ religiöse Gesänge mit Elektronik, Ambient und Alternative Rock  zu mischen, was manchmal recht gut glückt und andermal eher in die Belanglosigkeit abrutscht. Textlich widmet man sich dem Märtyrertum von Jesus, dem Teufel und dem Individuum im Spannungsfeld zwischen beiden Polen.

„Vesper“ startet als Opener mit reichlich Hall, Verzerrung auf Stimme und Synthies und kann schon einmal atmosphärisch nett einlullen. Somit allerdings eher Frühstück als Abendbrot. „Frost Breath“ war schon eine der ersten Singleauskopplungen und kann mit gefälligem Industrialeinschlag und kalter Atmosphäre punkten, ist davon abgesehen aber leider ein wenig generisch geraten. Hätte sich rein atmosphärisch in dem nächsten „Matrix“- oder „Underworld“-Teil aber sicher gut mit eingereiht und ist rein musikalisch zwischen DEPECHE MODE und MARILYN MANSON wie auch Trip Hop wie MASSIVE ATTACK sicher nicht verkehrt einzusortieren.

Gut platzierte und programmierte Effekte oder experimentelle Passagen wie unterstützende weibliche Vocals, die hier durch den Effektwolf gedreht mit religiöser Inbrunst tönen und das Pendant zu den im Black Metal momentan so üblichen „Mönchschören“ wahrscheinlich ausmachen dürften, bringen auf schon zuvorderst genanntem Track oder auch „Pyromancy“ ebenfalls Abwechslung und anderweltliche, beinahe östlich-exotische Stimmung mit hinein. Davon abgesehen ähneln sich die Tracks aber teils sehr in Aufbau und Stimmung und sind mit ihrer langsamen Marschrichtung auch eher einschläfernd denn etwas für den EDM-Dancefloor auf der nächsten schwarzen Party.

THIEF haben gute Ansätze, überzeugen aber nicht vollständig

Glücklicherweise gibt es da noch das beinahe poppige „Desert Djinn“ oder auch das in beinahe DnB/Breakbeat-Gefilde hervorstechende „Holy Regicide“, die ein wenig flotter unterwegs sind. „Gouging Out A Cave In Empty Sky“ (was für ein Titel) und „Spirit Box“ haben dann durchaus gute Ambientpassagen, die dem Genre für sich genommen nichts neues hinzufügen oder über den Standard hinauskommen, aber der Platte durchaus auch nicht abträglich sind. „With Love, From Nihil“ ist ebenso ein durchaus gutes Ambient-/Synthiestück mit verstörender Atmosphäre, das später in leichte Noise-Passagen übergeht und einen guten Mittelpunkt des Albums bietet.

Es wirkt alles durchaus solide auf „Map Of Lost Keys“: Produktion, Komposition und Qualität sind da, wo sie sein sollten, auch die Sangesstimme von Dylan Neal in den unverzerrten Passagen ist ordentlich, aber noch mit Potential nach oben. Trotzdem fehlt der letzte Kick, der einen das Album wieder und wieder auflegen lassen will. Dazu plätschern Tracks wie „Unsafe“ oder „Frost Breath“ ein wenig zu ereignislos und beliebig für sich hin. Abwechslungsreiche und zackige Tracks wie „Holy Regicide“, die überraschen und aus der Trance des Albums reißen, sind Anhaltspunkte für großes Potential in der Zukunft. Auch „Spirit Archery“ als wirklich gelungener und abwechslungsreicher Rausschmeißer zeigt, wohin die Reise gehen könnte.

Alles in allem ist THIEF ein ambitioniertes neues Projekt von Dylan Neal, welches durchaus Chancen haben dürfte, der düsteren elektronischen Musik weitere Facetten hinzuzufügen. Momentan bleibt von „Map Of Lost Keys“ allerdings eher der Eindruck eines durchwachsenen Debüts, das noch ein wenig als Spielweise dient, um den eigenen Sound zu finden und zu experimentieren.

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22.07.2019

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1 Kommentar zu Thief - Map Of Lost Keys

  1. nili68 sagt:

    Das Album macht für mich genau das, was experimentelle Musik muss. Schwierig zu hören, ungewöhnliche Harmonien und Songstrukturen und dennoch will ich’s immer wieder.. und wieder.. und wieder hören.
    Da ich eher Gelegenheitshörer bin, nehme ich mal experimentelle Ulver und Son Lux (falls die jemand kennt) als Vergleich, ehe ich mir Unsinn ausdenke.
    Eine Note mag ich (noch) nicht geben, was aber nicht negativ zu werten ist!