Thee Maldoror Kollective - Pilot (Man With The Meat Machine)

Review

Das letzte THEE MALDOROR KOLLECTIVE-Album „A Clockwork Highway“ war seinerzeit streckenweise ein ganz schön unzugängliches Teil für mich. Wie ein vertonter Spaziergang etwa durch das nächtliche Tokio wirkte das in tausend Schichten blinkende, leuchtende, flackernde Soundgewebe, das bis heute noch Geheimnisse und unentdeckte Details in sich birgt. Eine oberflächliche Ähnlichkeit zu ULVERs „Perdition City“, der „music to an interior film“ war durchaus zu erkennen. Mit „Pilot (Man With The Meat Machine)“ nehmen sich die Italiener nun offiziell den Absurditäten der Flimmerkiste an.

„Pilot“ ist eine Collage – wie schon sein Vorgänger. Aber dennoch ganz anders. „Pilot“ ist auf den ersten Eindruck hin sehr zugänglich. Es gibt erkennbare Melodien (u.a. „Stand By Me“), richtige Songstrukturen, teilweise gar Gesang (!), aber vor allem: keinen roten Faden. „Pilot“ gleicht einem Nonstop-Zapping durchs nächtliche Fernsehprogramm: die Tracks (von „Songs“ mag man noch immer nicht sprechen) sind eine Aneinanderreihung von Gegensätzlichem, Gleichem, Harmonierendem und absolut Widersinnigem. In seiner wilden Abfolge von leisen und lauten, grellen und gedimmten Fetzen, wirkt die Scheibe wie „Natural Born Killers“ ohne Bild.

Gutgelaunte, loungige Barmusik hüllt einen in dichten, blauen Dunst, in den urplötzlich ein tobendes Mathcore-Kommando stürzt, um alles kurz und klein zu hacken. Technoide, düster-depressive Endzeit-Melancholie zerfetzt die eben noch beschwingte Golden-Oldie-Stimmung und vollführt im Kamikazesturzflug eine Wendung zu verstörendem Dark Ambient. Industrial Metal mit fies verzerrten Gitarren fußt neben einer JOHNNY CASH-Ballade, als sei es das normalste der Welt. Die Kontraste, die THEE MALDOROR KOLLECTIVE schaffen und im nächsten Moment wieder zerstören, könnten kaum krasser sein. Eine Beschreibung dessen klingt zwar sehr hölzern, wird dem Ganzen dank der deutlicher konturierten Einzelteile aber doch gerechter, als der Versuch, den Vorgänger in passende Worte zu kleiden. Vergleiche zu diesem stellen vielleicht noch „Zombie Children“ oder „Pilot 3“ an. Das aber auch nur eingeschränkt. „Pilot“ ist insgesamt weitaus zugänglicher.

Genie und Wahnsinn liegen wirklich nahe beieinander. „Pilot“ wirkt im Vergleich zu „A Clockwork Highway“ viel weniger subtil. Das liegt zum einen an den um einiges greifbareren Strukturen, wie z.B. den erkennbaren Melodien, den teilweise unbehelligt aufspielenden, stilfremden Passagen und den enormen Kontrasten, die sie in ihrer Abfolge erzeugen. T/M/K operieren hier mit dem Holzhammer. Sie kultivieren einen präsentierfähigen Dachschaden, der auch dem debilsten Zuhörer als solcher aufgehen soll. Fingerspitzengefühl fehlt „Pilot“ weitestgehend, aber was will man das auch von einem „Man With The Meat Machine“ erwarten? THEE MALDOROR KOLLECTIVE haben es wieder geschafft, mich ratlos zurückzulassen. Auch wenn mich dieses Gefühl irgendwo grinsen lässt, kreide ich ihnen ihre neue, direkte, plumpe Art doch ein gutes Stück an. „Pilot (Man With The Meat Machine)“ ist genauso unmöglich zu bewerten wie die letzte Scheibe und bleibt diesmal deshalb konsequent ohne Wertung. *Zap*

26.01.2007
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