The Who - Quadrophenia

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

Spätestens seit „Jesus Christ Superstar“ aus dem Jahr 1971 und der „Rocky Horror Picture Show“ 1975 sind Rockopern ein normaler Bestandteil der Musikszene. Bereits 1966 gab es erste Ansätze einer Rockoper beim Release „A Quick One“ von THE WHO. 1969 folgte „Tommy“ und die Geschichte über den tauben, stummen und blinden Tommy Walker. In der Retrospektive wird das Release von „Tommy“ von THE WHO als die erste Rockoper kategorisiert. Im Oktober 1973 folgte das sechste Studiowerk „Quadrophenia“, welches vollständig von Pete Townshend komponiert wurde. Das Doppelalbum erreicht unter anderem in den USA Platinstatus für mehr als eine Million verkaufte Exemplare.

Die Story von „Quadrophenia“: Jimmy, die Mods der 60er Jahre und Selbstzweifel

Das Kunstwort „Quadrophenia“ wurde vom englischen Begriff schizophrenia abgeleitet. Der Hauptfigur Jimmy werden vier unterschiedliche Charaktere zugeordnet. Jedes Bandmitglied repräsentiert einen Charakterzug von Jimmy.  Die Story spielt 1965 in London und Brighton und folgt einem jungen Mod namens Jimmy auf seiner Suche nach Selbstwertgefühl und Bedeutung. Das Album hatte einen starken Einfluss auf die Mod-Revival-Bewegung der späten 1970er Jahre, und die daraus resultierende Verfilmung von 1979.

Jimmy mag Drogen, Strandkämpfe und Romantik. Nach einem Konzert in Brighton wird er Fan von THE WHO. Er ist jedoch desillusioniert bezüglich der Einstellung seiner Eltern zu ihm, welche in Sackgassenjobs und einem erfolglosen Besuch bei einem Psychiater münden. Sein Konsum von Amphetaminen bringt seine Eltern gegeneinander auf und er hat Schwierigkeiten, einen regulären Job zu finden, zweifelt an seinem eigenen Selbstwert. Der Versuch als Müllmann endet nach nur zwei Tagen. Obwohl er glücklich ist, einer der Mods zu sein, kämpft er darum, mit seinen Kollegen Schritt zu halten. Seine Freundin verlässt ihn für seinen besten Freund.

Nachdem er seinen Roller zerstört und über Selbstmord nachgedacht hat, beschließt er mit dem Zug nach Brighton zu fahren. Hier war er mit anderen Mods unterwegs. Ace Face, den Anführer der Mods, entdeckt Jimmy in einem Hotel, wo er als Hotelpage arbeitet. Er fühlt, dass alles in seinem Leben ihn zurückgewiesen hat. Er stiehlt ein Boot, um zu einem Felsen mit Blick auf das Meer zu segeln. Auf dem Felsen und im Regen stehend, denkt Jimmy über sein Leben nach. Das Ende lassen THE WHO offen.

Meeresrauschen begrüßt die Hörerschaft

„I Am The Sea” eröffnet die Rockoper von THE WHO und ist eine Art Intro zu „The Real Me“. Townsend an den Saiten und Moon an den Drums sorgen für einen druckvollen Sound, wie er in den frühen 70ern typisch für THE WHO ist. Der Titeltrack liefert instrumental progressive Klänge, untermalt mit Klavier. Auf das balladeske „Cut My Hair“ folgt „The Punk And The Godfather”. THE WHO bauen über die zwei Tracks einen exzellenten Spannungsbogen auf und „Quadrophenia“ wächst mit jeder Scheibenumdrehung.

„I’m One“ kommt anfänglich mit der Akustikgitarre um die Ecke, „The Dirty Jobs“ bringt die dominanten Klänge, welche die Brücke zum Titeltrack schlagen, wieder in den Vordergrund. Der „Helpless Dancer” bereitet den Ausbruch von Jimmy vor. Bedrohlich und verzweifelt klingt Daltreys Stimme und leitet zu „Is It in My Head?“ über. Jimmy denkt an Brighton und Ace Face, den Anführer der Mods. Er weiß nicht, ob das alles in seinem Kopf oder in seinem Herz ist. Es folgt die Abrechnung mit London und seinem Dasein: „I’ve Had Enough“ ist eines der Highlights auf „Quadrophenia“. Der Song endet mit einem lauten Schrei und einem Unfallgeräusch.

„Love Reign O’er Me” und der offene Ausgang der Geschichte

Mit der Single “5:15” geht es in den zweiten Teil von „Quadrophenia“, melodisch mit dem notwendigen Druck von Drums und Saiten geht es genau da weiter, wo THE WHO mit „I’ve Had Enough“ aufgehört haben. Melancholisch und wütend singt Daltrey „Sea And Sand”, “Drowned” ist eine unspektakuläre Nummer auf der Doppel-LP.

„Bell Boy” greift auf Klänge des Titeltracks zurück, spielt in der Geschichte zu „Quadrophenia“ eine größere Rolle als bei der Musik. Der Langläufer mit mehr als acht Minuten hat es dann aber wieder in sich: „Doctor Jimmy” startet mit einigen Soundcollagen, geht in den typischen THE WHO-Sound über und überzeugt mit einem eingängigen Refrain. Die Rockoper geht mit “The Rock” melancholisch in Richtung Ende. Das Klavier beim Schlusspunkt „Love Reign O’er Me” sorgt für einen düsteren Einstieg und bereitet das offene Ende von Jimmy vor, hat jedoch nicht die Qualität von  „Doctor Jimmy” oder „I’ve Had Enough“.

„Quadrophenia“ von 1973 in der Retrospektive

Wie waren die Reaktion auf „Quadrophenia“ 1973? In der Regel wurde die Doppel-LP positiv bewertet. Die lohnendste musikalische Erfahrung des Jahres und THE WHO hätten noch nie besser geklungen. Das waren zwei Statements der schreibenden Zunft.

Für die erste LP treffen diese Statements zu. „The Punk And The Godfather”, der Titeltrack oder „I’ve Had Enough“ klingen knapp 50 Jahre später genauso frisch wie 1973. Die zweite LP wirkt dagegen etwas in die Länge gezogen. Aus Sicht der Erzählung eventuell notwendig, musikalisch sind zum Beispiel “Drowned” oder auch „Bell Boy“ Filler. Nichts desto trotz ist „Quadrophenia“ das Werk von THE WHO in ihrer Bandgeschichte und ein Meilenstein für Konzeptalben und Rockopern.

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2 Kommentare zu The Who - Quadrophenia

  1. Stormy sagt:

    So großartig und genial ich Tommy finde, so wenig werde ich mit Quadrophenia warm. Warum? No idea.

  2. bgrossmann sagt:

    Eines der besten Alben die ich kenne. Auch seit ich das Album vor ca. 35 kennenlernte bin ich es noch nicht leid und ich habe das Ding rauf und runter gehört.

    10/10