The Warning - Keep Me Fed

Review

THE WARNING bleiben hungrig und verlangen nach mehr. Fast jeder Song auf „Keep Me Fed“ dreht sich um das post-moderne Dilemma, trotz Übersättigung noch mehr zu wollen, obwohl bereits jegliche Lust an der Lust verloren gegangen ist. Diese Abhängigkeit beklagt das mexikanische Schwesterntrio mit jugendlicher Kraft und findet dabei zwar keine Lösung, aber wenigstens den Stoff für sehr gute Rock-Hymnen.

Die Vélez-Schwestern hatten das Glück, dass ihr Cover von „Enter Sandman“ vor einem Jahrzehnt zu einem viralen Hit auf YouTube wurde. Zu dieser Aufmerksamkeit von außen gesellten sich Talent und Hartnäckigkeit. Vor einigen Jahren wiederholte die Band ihren Cover-Erfolg unter professionellen Umständen auf „The Metallica Blacklist“. Kurz danach erschien mit „Error“ im Jahr 2022 das erste Album bei Lava Records, die mit GRETA VAN FLEET bereits eine hart rockende Gruppe von Brüdern und damit einem ähnlichen Konzept unter Vertrag haben.

THE WARNING ernten die Früchte ihrer Arbeit

Doch während die Kiszkas mit ihrer Retro-Attitüde den Glanz lange vergangener Tage rekreieren wollen, orientieren sich die Musikerinnen im Hause Vélez an Rock-Gruppen aus diesem Jahrhundert wie HALESTORM und THE PRETTY RECKLESS. Das klingt zwar nach frühen 2010ern und damit ebenfalls etwas angestaubt, wird von THE WARNING aber mit einem guten Gespür für Hits vorgetragen.

Die Credits zeigen, dass in diesem Punkt ein Songwriting-Team mitgeholfen hat, wie es bei Produktionen dieser Größenordnung üblich ist. Ein Rückblick auf die vergangenen Alben der Band lässt jedoch eine wiederkehrende Handschrift erkennen. THE WARNING verlassen sich auf bewährte Rock-Standards, peppen diese aber mit Breaks und Tempowechseln sowie einem dynamischen Wechselgesang zwischen den Schwestern auf.

Um diesen Stil zu definieren hatte des Trio ein Jahrzehnt Zeit und verfügt über die richtigen Ideen um auch im Jahr 2024 das Schema Strophe-Bridge-Refrain nicht langweilig werden zu lassen. Hinzu kommen leichte Verbesserungen im Vergleich zum Vorgänger „Error“. Die Gitarrenarbeit ist ausgefeilter, das Schlagzeugspiel vielseitiger und der Gesang präziser eingepegelt. Insgesamt ist der Sound deutlich kraftvoller und stellt das Riffing in den Vordergrund.

„Keep Me Fed“ erstreitet sich den Moment

Etwa die Hälfte der Songs wurde als Single ausgekoppelt und röhrt bereits seit einigen Monaten durch die Streamingdienste. Auch der Rest des Albums würde sich dafür anbieten. „Keep Me Fed“ enthält zwölf radiotaugliche Songs, die sich klar voneinander unterscheiden. Mal sind die Stücke flotter („S!CK“), mal groovig („Hell You Call A Dream“), mal mitsingbar („Six Feet Deep“), ähneln sich auf poppige Weise dann aber doch.

„Keep Me Fed“ mag lediglich alte Standards des Genres aktualisieren, schafft dies aber auf sehr gute Weise und bietet in seiner Eingängigkeit Anknüpfungspunkte aus vielen Richtungen. THE WARNING haben sich ihr Momentum durch Qualität erkämpft und wollen mehr als kurzzeitige der Sättigung bieten, bevor der Hunger nach neuen Hits ausbricht. Dazu fehlt es dem Album letztlich an Tiefe, doch diesen flüchtigen Augenblick füllt es mehr als überzeugend aus.

25.07.2024
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