The Used - Heartwork

Review

THE USED waren mal eine ziemlich große Nummer. Okay, den Zahlen nach sind sie das auch heute noch (siehe Facebook). Doch ihre Bedeutung hat ähnlich der Anfang der 2000er aufkommenden Emo/Screamo-Szene vor allem hierzulande an Bedeutung verloren – dennoch weckt allein der Bandname so einige Nostalgiemomente. Insbesondere durch das Versprechen mit dem neuesten Album „Heartwork“ nicht nur optisch an die frühen Tage anzuknüpfen.

„Heartwork“ ist eher Nostalgietrip als Midlife Crisis

Dass dieses Vorhaben nur so mittelgut funktionieren kann, liegt eigentlich auf der Hand. Schließlich lässt sich die aufgestaute und teils unerklärliche Wut und Emotionalität des Erwachsenwerdens fast 18 Jahre nach „The Used“ (2002) und 17 Jahre nach „Maybe Memories“ (2003) nicht einfach mal so wieder aus der Schublade zaubern. Dennoch wirkt „Heartwork“ eher wie ein guter Nostalgietrip denn wie eine ernsthafte Midlife Crisis. Quasi als würde man mit alten Jugendfreunden wieder zusammensitzen. Nicht durchgehend, dazu sind THE USED heuer zu experimentell, doch über einige Songs des Albums. Immerhin. So gelingt der Auftakt mit „Paradise Lost, a poem by John Milton“ und dem von Jason Aalon Butler als Gast gesanglich veredeltem „Blow Me“ überraschend gelungen.

Apropos Gäste. Auch THE USED scheinen bei „Heartwork“ auf den Freundeskreis zurückgegriffen zu haben. Denn auch Mark Hooper und Travis Baker von BLINK 182 und Caleb Shomo (BEARTOOTH) geben sich die Ehre. Doch abseits vom Namedropping passiert auf „Heartwork“ ebenfalls so einiges. Spannendes und weniger spannendes. So geht „Big, Wanna Be“ schon erste Schritte Richtung Clubsound und verfehlt es dabei zu einem charmanten, tanzbaren Alternative-Song zu werden – er wirkt einfach zu gewollt. „Cathedral Bell“ scheint ebenfalls eher für die Clubtanzfläche geschaffen, schafft es aber aufgrund seiner Electro-Beats und den eingängigen Hooks deutlich eher im Kopf hängen zu bleiben. Ob dieser jetzt als klassischer THE USED-Song durchgeht, sei mal dahingestellt.

THE USED zwischen Vergangenheit und Gegenwart

Spannender bleiben die Ausflüge in die Vergangenheit, die mitunter durchaus gelungen mit dem Hier und Jetzt kollidieren. So bietet „Gravity‘s Rainbow“ große Refrains inklusive „Oho-Chorus“ und zeigt, dass THE USED weiterhin etwas Stadion-Rocksound wollen, bevor „The Lighthouse“ in die sanfteren Töne der Jugend entführt– inklusive der seinerzeit so prägenden Spoken Words. Kurz, aber eben auf „Heartwork“ vertreten. „The Lottery“ spinnt den Pfad in die 2000er dann noch einmal deutlicher: Energisch, treibend und dank Shomos Screams und einem wohl platzierten Breakdown auch unterschwellig wütend, gibt‘s hier für alle Experiment-Verweigerer noch ein kleines Highlight.

„Heartwork“ ist damit Vergangenheit und Gegenwart in einem. Geprägt von typischen THE USED-Trademarks aus den Anfangstagen, aber eben auch von dem Anspruch, mehr aus sich gemacht zu haben. Eine Grenzwanderung, die den Amis bedingt gelungen ist. Neben etwas Füllmaterial, seltenen, aber doch vorhandenen unpassenden Ausflügen in die Clubwelt, ergibt sich auf den ersten Hördurchgang ein zerfahrenes Album, das erst nach mehreren Durchläufen Spaß macht. Trotzdem zuckt hier und da der Finger zur Skip-Taste, was aus dem Nostalgietrip eben keinen Dauergenuss macht. Trotzdem kann „Heartwork viel Spaß machen, spannend sein und ein paar Jugenderinnerungen wecken.

07.06.2020

Chefredakteur

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