The Tea Party - Blood Moon Rising

Review

Freunde des geschmackvollen Kräutergebräus dürfen frohlocken. Das kanadische Trio THE TEA PARTY lädt nämlich wieder zur Teatime in voller Länge ein, das erste Mal seit „The Ocean At The End“ von 2014. So ganz stimmt das tatsächlich aber nicht. „Blood Moon Rising“ enthält nämlich das Material, das ursprünglich zwei EPs ausgemacht hat, namentlich „Black River“ und „Sunshower“, ergänzt um weitere Tracks, größtenteils Coverversionen. Das sind neben „Out Of The Tiles“ von LED ZEPPELIN, mit denen die Kanadier zudem eine interessante Geschichte verbindet, auch „Isolation“ von JOY DIVISION sowie „Everyday Is Like Sunday“ von Morrisey. Ebenfalls dazu gekommen ist eine Live-Version von „Way Way Down“. Dabei handelt es sich bei den drei Letztgenannten um Digipak-exklusive Boni.

Aus zwei mach Eins – THE TEA PARTY fassen zwei EPs zusammen

Je nach dem, wo in der Diskografie man seinen ersten Berührungspunkt mit der Musik der Herren gemacht hat, kann einem das hier gebotene auf den ersten Hör entweder genau richtig oder zu lasch gewürzt vorkommen. Wer orientalisch aufgepeppten Art Rock á la „Edges Of Twilight“ sucht, sucht selbiges hier vergeblich. Wer dagegen die etwas geradliniger und emotional rockende Seite von „Seven Circles“ beispielsweise bevorzugt, sollte sich hier direkt heimisch fühlen. Fakt ist, dass THE TEA PARTY mit „Blood Moon Rising“ (bzw. eben den beiden EPs) ihre bluesige Seite erkunden, dabei aber mit fülligen, modernen und stadiontauglichen Rock-Klängen unterfüttern. Sie hüten sich aber mit ordentlich Soul, einem seltsam rustikalen Charme und einer angenehm düsteren Stimmung davor, in die Post-Grunge-Falle zu latschen.

Die erwähnte Souligkeit kommt natürlich primär durch Jeff Martins warmen Bariton zustande, dessen Gesangslinien mal schwelgerisch raunend, mal beherzter raunzend dahin fließen und sowohl treibende Rocker der Marke „Hole In My Heart“ wie auch Balladen vom Schlage eines „Our Love“ souverän am Zerebrum vorbei direkt ins Mark, Gebein, wahlweise auch ins Herz hinein tragen. Eine weitere, essentielle Konstante im Sound, die auch heuer unangetastet geblieben ist, ist der sehr füllige, gewichtige Sound, bei dem die Gravitas des Dargebotenen spürbar mitschwingt, der jedoch trotzdem so glasklar und transparent gehalten ist, dass man praktisch jede einzelne Facette des Sounds fühlt. Ein wunderbares Beispiel dafür ist das bisweilen gespenstisch inszenierte „Shelter“.

Mehr frisch gebrühter Schwarztee als abgepacktes Zuckerwasser

Natürlich ist eine gute Produktion nur die halbe Miete. Und bei diesem Liedgut, bei dem sich THE TEA PARTY auf ihre Rock-Wurzeln besinnen, wird sich entsprechend auf konventionelle Griffe in die Trickkiste verlassen. Doch Altbewährtes funktioniert eben, vor allem wenn es so gut und souverän umgesetzt wird. Das zeigt sich beispielsweise dann, wenn eine Melodievariation unter Zuhilfenahme subtiler Mellotronstreicher in „Hole In My Heart“ den Refrain neu kontextualisiert und plötzlich vom staubigen in einen dramatischen Rocker umwandelt. Ein weiteres Highlight ist „The Beautiful“, das aus dem düsteren Moll-Dickicht ausbricht und die Sonne scheinen lässt. Unwiderstehlich hierin auch der raunende Männerchor im Hintergrund, der immer wieder subtil an- und abschwillt.

Weitere Klassiker in Sachen Songwriting-Würze sind die Slide-freudige Gitarre nebst Mundharmonika, die „Way Way Down“ aufpeppen und so richtig schön im Sumpf Louisianas versinken lässt. Auch der dynamische Wechsel zwischen Akustischer und elektrischen Gitarrenwänden ist ein wiederkehrendes Motiv, wobei die hier vertretenen, dezenten Zupfereien natürlich deutlich mehr hermachen als dahingebratene Akkorde, wie man sie bei weniger kreativen Vertretern dieses Standards oft hört. Der Opener „Black River“ demonstriert dies eindrucksvoll und entfaltet eine angemessene Erdigkeit. „Summertime“ tut es ihm gleich, kommt titelgemäß aber mit sonnigerem Gemüt daher. Der Titeltrack wird dagegen primär von der Akustischen getragen, wobei die Elektrische immer wieder elegante Slides ins Klangbild hinein unternimmt. Weibliche Backing Vocals untermauern den Song zudem als den wohl souligsten Track der Platte.

„Blood Moon Rising“ ist eine lohnenswerte Anschaffung

Die beiden, zugegeben innerhalb Europas nur digital verfügbaren EPs für den hiesigen Markt zu einer einzelnen Platte zusammen zu fassen ergibt also durchaus Sinn, zumal die Trackliste entsprechend im Sinne des Hörflusses neu strukturiert worden ist. Ob man „Blood Moon Rising“ aber als vollwertiges Full-Length-Album beschreiben möchte, ist wahrscheinlich Ansichtssache. Es fühlt sich irgendwie nicht so an, andererseits bietet die Veröffentlichung abendfüllende Rock-Unterhaltung bester Güte, die einfach wie aus einem Guss dahin fließt. Man vergisst diesen Umstand nach einigen Durchläufen einfach erfreulich schnell, ebenso wie den eigenen Prog-Snobismus und genießt einfach nur ein gut geschriebenes, hervorragend eingespieltes Rock-Werk, das sicher keine neuen Sphären ergründet, dessen emotionale Vibes jedoch voll ins Schwarze treffen.

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28.01.2022

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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