The Pineapple Thief - Versions Of The Truth

Review

Was ist eigentlich Wahrheit? Schon nach kurzer Zeit verändert ein Fakt seine Beschaffenheit. Jedes Ohr nimmt den Klang eines Wortes anders wahr. THE PINEAPPLE THIEF thematisieren die Wahrheit an sich und die daraus resultierenden Interpretationsmöglichkeiten. Wie der Name des Albums “Versions Of The Truth“ nochmals verdeutlicht, gibt es viele Sichtweisen zu einer Wahrheit.

THE PINEAPPLE THIEF stehlen die Melancholie aus dem Herzen heraus

Wer bei THE PINEAPPLE THIEF auf flimmernde, harte Riffs hofft, den erwartet eine bittere Enttäuschung. Nein, eher schöpfen die Briten ihre Atmosphäre aus melancholischen, gar mystischen Klängen. Bruce Soords einfühlsamer Gesang ergreift durch ihren ausdrucksstarken Charakter die Herzen derer, die ruhigeren Prog schätzen.

Doch hier soll mitnichten die kreative Schaffensgabe unberücksichtigt bleiben. Denn einfache Sing-Along-Songs finden auf “Versions Of The Truth“ trotzdem keinen Platz. Eher nutzen THE PINEAPPLE THIEF viele Art-Rock-Elemente, um melodisch in düstere Gefilde zu tauchen.

“Stop Making Sense To Me“ beginnt mit ruhigem Gesang und leitet zu einer Melodie, welche mit minimalistischen Marimbaklängen die Percussions bis zum Ende hin begleitet. Auch “Demons“ wechselt plötzlich zu einer orientalisch angehauchten Atmosphäre, ohne einen Break zu erschaffen, der die Songstruktur entrücken lässt.

“Versions Of The Truth“ schätzt die Kunst im Kleinen

Auch wenn vielleicht einige hier die Progressivität infrage stellen, so bewahren THE PINEAPPLE THIEF dennoch ihre spirituellen Melodien. Die Briten entfalten nur in “Break It All“ und im Titelsong ihren wilden Charakter. Dabei reichen die Songs teils etwas stärker in den Mainstream hinein als noch bei “Magnolia“.

Doch genau das macht “Versions Of The Truth“ so stark. Denn dadurch wirken die Instrumente sehr klar in Szene gesetzt und differenzierbar. Ein Genuss für jeden Audiophilen.

Was ist eigentlich Wahrheit?

Diese Frage erstreckt sich entlang der gesamten Albumthematik, obwohl das Lyrische-Ich seine eigene Meinung oft als wahr deklariert. THE PINEAPPLE THIEF berichten von einer kriselnden Freundschaft, die langsam zerfällt. Beide Seiten beharren auf ihren Ansichten und unterdrücken die der anderen.

“Break It All“ behandelt den Wert einer Freundschaft und ob ein Streit es Wert ist, diese zu beenden. Zerfressen von der eigenen Ignoranz entstehen Schuldzuweisungen, um eigene Fehler zu untergraben. In “Driving Like Maniacs“ erkennt das lyrische Ich auch das persönliche Mitwirken an und versucht die Perspektive des Gegenüber nachzuvollziehen.

Doch die Situation dreht Kreise, erreicht aber kein Ziel. Denn beide Seiten waschen ihre Hände immer noch in Unschuld. Nach langer Zeit klärt sich die Thematik auf und zeigt die Notwendigkeit, den Zwist zu beenden auf. Beide Personen brauchen einander und bemerken ihr kindisches Verhalten.

Ruhige Tiefen bei THE PINAPPLE THIEF

THE PINEAPPLE THIEF schaffen es, ruhige Atmosphären mit ideenreichen Melodien zu kombinieren. Dabei schwingt immer noch eine progressive Note im Hintergrund vorbei. Der Sound und die Lyrik passen ihren gegenseitigen Ausdruck auditiv und textlich an. Als Thema dient eine alltägliche Situation, die wir wohl alle einmal miterleben mussten. Das Resultat bleibt ein emotionales und wirklichkeitsnahes Album.

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12.09.2020

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