The Oath - 4

Review

Inmitten einer postapokalyptischen Landschaft aus zerfallenen Gebäuden und kreisenden schwarzen Vögeln erhebt sich, dem berühmten Phönix aus der Asche gleich, eine halbnackte Frauengestalt mit computergezeichneten dunklen Schwingen, die Arme zum Himmel ausgebreitet. So weit, so klischeebeladen – mein erster Eindruck von THE OATH. Das soeben geschilderte Szenario ziert das Cover des neuen Albums der 1999 in Lyon, Frankreich, gegründeten Formation. Der dazu gereichte Pressetext verfällt wie gewohnt von einer blumigen Umschreibung zum nächsten Superlativ und sagt schlussendlich doch gar nichts aus, und ich frage mich zunächst, wer die fünf Franzosen, die laut ihrem Label code666 sogenannten Blackened Death Metal, also einen Bastard aus Schwarz- und Todesmetall, zocken, eigentlich sind.

In den ersten Jahren produzierte die Truppe, deren Line-up nach der Gründung einige Male umgekrempelt wurde, zwei Demos, um schließlich anno 2006 ihr erstes professionell aufgenommenes und selbstproduziertes Album „The End Of Times“ unter die geneigte Hörerschaft zu bringen – was ihnen zumindest im französischen Metal-Underground einen Namen verschaffte. Angespornt von diesen ersten Erfolgen machte man sich an die Arbeiten zum Nachfolgewerk, welches im deutschen Kohlekeller-Studio aufgenommen wurde und mittlerweile vom italienischen Label code666 vertrieben wird. Diese preisen den Sound der Band übrigens als irgendwo in der Schnittmenge von DIMMU BORGIR, AT THE GATES und EMPEROR liegend an; das klingt ja schon mal interessant – und ziemlich hoch gegriffen.

Los geht der Langspieler, der auf den Titel „4“ hört, mit einem gleichnamigen instrumentalen Intro, welches mit schaurigem Flüstern und dichter Keyboard-Atmosphäre an den Soundtrack eines Horrorfilms denken läßt. Es hat etwas von einer Spieluhr, die harmlos vor sich hin klimpert, aber bereits etwas Düsteres, Bedrohliches erahnen läßt. Und glücklicherweise macht bereits der nächste Track, „This Day“, klar, daß die Franzosen, deren Texte übrigens durchgehend in Englisch gehalten sind, so gar nicht harmlos zu Werke gehen. Das Stück ist recht schnell gehalten, verharrt aber nicht in einem Tempo, sondern kommt auch insgesamt recht abwechslungsreich daher. Dafür ist auch der Gesang von D444 mitverantwortlich, der zwischen moderat hohem Keifen und Growling pendelt. Über dem einigermassen heftigen Rhythmus-Grundgerüst liegt ein melodischer Keyboardteppich, der insgesamt eine recht schöne Stimmung aufzubauen weiß und hie und da durch orchestrale Elemente angereichert wird. Zugegeben, der Gedanke an DIMMU BORGIR oder auch EMPEROR kann einem hier schon kommen, und genau wie bei den großen Norwegern schrappen auch hier die Keyboards stellenweise nur knapp am Kitsch vorbei. Im Wesentlichen trifft diese Beschreibung auf alle Songs des Albums recht gut zu. „Orgasm“ ist schön eingängig und bleibt im Ohr hängen. „A Question Of Faith“ überzeugt durch Abwechslung, beginnt düster, was allerdings von den Keyboards bald relativiert wird, und hat im Refrain auch erstmals richtigen Klargesang (beigesteuert von PeterPal, der sonst hauptberuflich in die Tasten haut) zu bieten. An sich ist die Idee ja ganz nett, den Refrain zuerst in den für D444 typischen Vocals zu halten und dann noch einmal klar zu singen, dennoch find ich das hier weniger gelungen, irgendwie wirkt der Klargesang sehr deplaziert. Besser gefällt es mir, wenn beide im letzten Drittel des Liedes zusammen singen. Dann, der Titel ist noch nicht durchgelaufen, eine Pause, und es folgt ein schönes, ruhiges Keyboardzwischenspiel. Ob dies noch zum vorhergehenden Lied gehört oder nicht ist mir allerdings schleierhaft. „Lifeless Desire“ zählt zu meinen Favoriten auf diesem Werk, es erinnert zwar wieder ein wenig an Shagrath und Konsorten und das Keyboard kommt massiv zum Einsatz, dennoch sehr gelungen. „Dead Inside“ hält dieses Level, und erst mit „War“ wird es nach einem fast schon epischen Anfang wieder heftiger. Den Ausklang bildet „Godless Existence“, nochmals wird bombastisch und melodisch und dennoch nicht ohne Härte reingehauen, um dann immer ruhiger und leiser auszuklingen. Am Rande sei noch erwähnt: Etwas verwirrend ist bei der Zuordnung Songtitel/Song hier die offensichtlich falsch bedruckte Hülle gewesen, die eine andere Reihenfolge der Titel aufzählt als beispielsweise die Homepage der Band. In diesem Sinne hoffe ich, hier nichts durcheinandergebracht zu haben.

Im Gesamten betrachtet gefällt mir dieses Album eigentlich recht gut. Auch nach einigen Durchläufen wird es nicht langweilig, die Songs bieten genug Abwechslung, um immer wieder etwas zu entdecken, wenn sie auch im Grunde genommen nicht allzu vielschichtig sind. Dazu wirkt das Album nicht wie eine lose Ansammlung von Songs, sondern schon vom Gesamteindruck und der aufgebauten Stimmung her zusammenhängend, was mir ebenfalls sehr zusagt. Das macht von mir aus 8 Punkte, ich kann die Scheibe jedem Freund melodischen Black Metals durchaus empfehlen.

30.11.2008

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