The Neal Morse Band - The Similitude Of A Dream

Review

„The Similitude Of A Dream“ heißt das neue Album von THE NEAL MORSE BAND, die aus Neal Morse selbst, Mike Portnoy, Randy George, Eric Gilette und Bill Hubauer besteht. Es handelt sich um ein Konzeptalbum, das lose auf dem Buch „The Pilgrim’s Progress“ von John Bunyan, einem Baptistenprediger, basiert. Laut eigener Aussage hat Morse die Anregung dazu bereits einige Zeit zuvor gemacht bekommen. Doch erst, als er mit dem Komponieren der neuen Songs begann, kam ihm das Buch wieder in den Sinn. Er hatte es zwar nicht gelesen, nicht ganz jedenfalls, informierte sich aber mittels Internet über dessen Kernthematik. Aus dieser schusterte er dann seinen üblichen, christlich progressiven Stiefel. Man kann also – mit anderen Worten ausgedrückt – die übliche Neal Morse-Musik erwarten.

Womit ich dagegen nicht gerechnet hätte, ist, wie gut „The Similitude Of A Dream“ am Ende tatsächlich geworden ist, und das, obwohl THE NEAL MORSE BAND gar nicht mal so viel anders als sonst machen. Mike Portnoy hatte das Album ja im Vorfeld gewohnheitsgemäß als „das beste seiner Karriere“ angepriesen. Im Westen nichts Neues. Er stellte es sogar über „Scenes From A Memory“ und „The Whirlwind„. Wollen wir mal die Kirche im Dorf lassen (harhar!), THE NEAL MORSE BAND hat mit „The Similitude Of A Dream“ gewiss kein zweites „Scenes“ geschaffen. Aber das Album hebt sich trotzdem vom neueren Œuvre von Morse und Co. ab. Schauen wir mal, woran das liegt.

THE NEAL MORSE BAND klingt frisch und forsch

Das Album erstreckt sich über zwei CDs, die mit je rund 55 Minuten gut gefüllt sind. Beschrieben wird – wie üblich bei Neal Morse – die Suche nach Gott und Erlösung, diesmal eben basierend auf dem oben erwähnten Buch. Das Album bietet alles, was ein Neal Morse-Album haben muss, angefangen bei den zahllosen Referenzen an den klassischen Prog über den poppig-rockigen Passagen hin zu dem typischen Pathos. Nein, „The Similitude Of A Dream“ ist nichts für laktoseintolerante Hörer, es birst förmlich vor Cheese. Ohne den würde sich ein Morse-Album aber auch nicht komplett anfühlen.

Was „The Similitude Of A Dream“ dagegen so gut macht, ist die sehr straffe Spielweise der Songs und deren Eigenschaft, erfrischend schnell auf den Punkt zu kommen. Platz für Langeweile bleibt keiner, denn trotz Eufonie wissen die Songs durch interessante Wendungen zu überraschen. Die Eingängigkeit und Verdaulichkeit steht natürlich im Vordergrund, hält THE NEAL MORSE BAND aber nicht davon ab, wuselige Frickelpassagen und progressive Breaks einzubauen.

Die (Retro-)Progressivität nimmt aber auch gerne Überhand. Als Beispiel sei hier mal „The Ways Of A Fool“ angeführt, das an die guten alten GENESIS erinnert. Speziell kommt „Willow Farm“, der fünfte Abschnitt des legendären Longtracks „Supper’s Ready“, „Get ‚Em Out By Friday“ oder auch entfernter „The Knife“ in den Sinn. Dazu erinnert das Artwork innerhalb des Booklets schon an das „Nursery Cryme“-Cover. Diese und andere Elemente wie etwa Country („Freedom Song“) und Southern-Rock-Einschübe („The Man In The Iron Cage“) zusammen mit den zur rechten Zeit verteilten Gesangsrollen – Morse Stimme steht natürlich stets im Mittelpunkt – runden das Hörvergnügen wunderbar ab.

Angenehme Überraschung aus dem Hause Morse

Es wäre sicher unangemessen, das Album als kurzweilig zu bezeichnen. Mit etwas über 100 Minuten Gesamtspielzeit sollte man schon etwas Sitzfleisch mitbringen. Doch geht das Album angenehm ins Ohr, auch durch seinen sehr warmen und klaren Sound, und überzeugt durch enorme Abwechslung. Sicher nicht das Magnum Opus der beteiligten, ist es in jedem Falle ein qualitativ hochwertiges Doppelalbum geworden. Wer bei dem Gedanken an christliche Musik nicht gleich Ausschlag bekommt, sollte also definitiv mal das ein oder andere Ohr riskieren.

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14.11.2016

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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3 Kommentare zu The Neal Morse Band - The Similitude Of A Dream

  1. Christian sagt:

    Ich finde es schon etwas erstaunlich, dass bei Neal Morse der erste Satz sich immer auf den christlichen Hintergrund von ihm bezieht. Das seine Texte sich dieser Thematik widmen, ok, aber was ist daran besser oder schlechter als wenn über Elfen, Zombies oder andere Arten des Weltuntergangs gesungen wird?
    Wenn man sich mal nur auf die Musik bezieht, hat sich Neal sicher nicht neu erfunden, aber die Platte (sagt man das noch so?) ist einfach klasse.

    9/10
    1. choco-crossie sagt:

      der christliche Hintergrund auf einer Stufe mit Elfen und Zombies – das ordnest du schon richtig ein. Der Unterschied ist, dass viele Christen ihren Glauben als Realität verkaufen möchten, während die anderen ihre Elfen und Zombies lediglich als Kunst sehen

      1. Christian sagt:

        Echt jetzt ? Religionsphilosophische Debatte?
        Vielleicht ist mit dem Begriff „Glauben“ ja alles gesagt. Und was der ein oder andere so als Realität empfindet, sei in unseren postfaktischen Zeiten mal dahin gestellt.
        Neal macht (aus meiner Sicht) nach wie vor richtig guten Prog-Rock. Das kann man einfach mal so würdigen.