The Mystery - Soulcatcher

Review

Du liebe Zeit! Da passt man einmal nicht auf, ein einziges Mal passt man nicht auf, und -zack!- flattert einem THE MYSTERY ins Haus. Der Pressezettel zeigt ein Bild, drei Typen und ’ne Frau mit engelsgleicher Lockenpracht. Frauengesang!? Oh nein, ich will mir das nicht anhören. WITHIN TEMPTATION! Oder schlimmer: NIGHTWISH! Mir wird schlecht. Ich hasse diesen albernen Operettenkeyboardmetal mit Vogelgezwitscher! Verdaaammt!

Doch dann, man höre genau und staune gewaltig- THE MYSTERY rocken. Und zwar nicht nur im Gegensatz zu den oben genannten Seichtkapellen, sondern grundsätzlich. Wenn auch mit unüberhörbarer Affinität zu melodiösem Material. Okay, sie kommen aus den 1980ern. Aber auch damals war nicht alles schlecht und einige Rock- und Metalmädels dieser Zeit konnten sich größtenteils sehen und sogar hören lassen. Man denke an Joan Jett, Lita Ford und Doro Pesch. Ähnliche Vergleiche dürften Verantwortliche bei so unterschiedlich ausgerichteten Bands wie SUBWAY TO SALLY, REBELLION, DIE APOKALYPTISCHEN REITER, DIE HAPPY oder TANKARD aufgestellt haben, als sie THE MYSTERY als Support buchten.

Auf ihrem zweiten Album (nach ”Scars“, 2005) kredenzen Alex Martin (g), Christian Rüther (b) und Daniel Kahn (d) uns neben ihrer neuen Sängerin Korry Schadwell ein buntes Sträußchen angenehmer Rockmelodien. Up-Temponummern wie ”Take Me To The Light“, das mitgröltaugliche ”Judas Betrayed“, das mir leider doch zu harmonisch geratene Titelstückchen ”Soulcatcher“, der Banger ”Coming Home“, das an SAXON und frühe JUDAS PRIEST erinnernde ”Faithless“- für viele Geschmäcker ist hier was dabei. Leider auch für Leute, die auf melodische Rockballaden stehen, puh.

So richtig hauen THE MYSTERY mich nicht aus dem Sattel. Dafür bin ich einfach zu wenig in der guten alten Zeit verwurzelt. Trotz des erfreulich unpenetranten, soliden Frauengesangs variieren die vier ihren Sound nur intern, d.h. sie bleiben jederzeit dem melodischen Rock alter Tage verhaftet. Beim Durchklicken fällt schnell auf, wie ähnlich sich die Titel insgesamt sind. Daher wirkt sich auch die sehr stattliche Spielzeit von fast einer Stunde nicht gerade den Hörgenuss steigernd aus.

Wer auf traditionelle Rocknummern der Kante AXXIS und JADED HEART, d.h. Lieder ohne übermäßigen intellektuellen oder musikalischen Tiefgang steht kann hier blind zugreifen; allen anderen, und hier schließe ich die Freunde der Heulbojen Tarja & Co. ein, lassen besser die Finger von THE MYSTERY. Denn Korry singt klasse. Das ist nix für Feuerwehrsirenenverehrer, oder?
Vielleicht sollten diese Leute sich ja gerade deshalb mal THE MYSTERY ins Ohr tun.

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29.05.2008

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