The Milestones - Higher Mountain - Closer Sun

Review

Den ganzen Tag kann man sich ja nun auch nicht anschreien lassen. Weder musikalisch noch sonst. Abends auf der Veranda zum Beispiel, wenn man mit dem Vodka Sunrise in der Hand und der breitkrempigen Pudelmütze auf dem Kopf den Sonnenuntergang über Finnlands Baumwollfeldern genießen will. Dann braucht man als Soundtrack eine ordentliche Kelle routinierter Rockmusik, zum Beispiel aus Helsinki, klanglich verortet zwischen Südstaaten, Australien und einem beliebigen Pub am Ende der staubigen resp. verschneiten Straße.

Die MILESTONES aus Finnland sind seit 20 Jahren aktiv, „Higher Mountain – Closer Sun“ ist ihr drittes Album und lässig werden auf diesem LYNYRD SKYNYRD bzw. die BLACK CROWES mit etwas Classic Rock und einer Prise AC/DC vermischt, sodass spätestens ab dem ersten Durchgang der Fuß wippt, die Hüfte zuckt und sich die Kehle UNGLAUBLICH trocken anfühlt. Man fühlt sich zwischen Slide-Guitar, Mundharmonika und trockenem Riff sofort zuhause. Die Songs dieser Veteranen brauchen keine Anlaufzeit, sie nehmen den kurzen Weg direkt in die Blutbahn.

Dadurch sind die Finnen einerseits wohl die perfekte Band, um der langen Nacht in der Stammkneipe die Krone aufzusetzen – oder auch, um den endlosen Stau auf der Autobahn zu ertragen, während man es (vermeintlich) unglaublich eilig hat. Andererseits stellt diese umstandslos angenehme Vertrautheit auch eine gewisse Schwäche dar: In ihrer bedingungslosen Hingabe bekannten Standards gegenüber verliert die Musik der MILESTONES an – wie sacht man so schön uncool im Rezensenten-Slang? – Eigenständigkeit. Jede Gesangslinie des sehr guten Olavi Tikka zwischen Mr. Scott und Mr. Robinson, jedes Solo, jede Akkordfolge kommt einem irgendwie bekannt vor. Abhängig von der eigenen Sättigung mit diesem Sound oder eben einfach der jeweiligen Situation schwankt die Bewertung dementsprechend wohl zwischen „oh ja“ und „na ja“.

Ich habe mich für den Daumen nach oben entschieden – obwohl bspw. der PARLOR MOB vor einigen Jahren mit leicht anderer Färbung noch mehr begeistert hat und auch die oben genannten Vergleichsgrößen natürlich noch ganz anders mitzureißen wissen.

Zum Anchecken sei der Mittelteil des Albums empfohlen: „Oh My Soul“ punktet unter anderem mit einem mächtigen Gospel-Refrain und „Grateful“ ist eine sehr gefühlvolle Ballade mit exzellenter Gitarrenmelodie.

22.09.2014
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