The Hypothesis - Evolve

Review

Ah ja, hier haben wir wieder einmal eines dieser Alben. Die Presseinfo beschreibt die dazugehörige Band als eine „Melodic Metal Entität“ [sic], die sich von Anfang an von allen Einflüssen freischwimmen wollte. Und auch wenn einige ihrer ehemaligen Mitglieder durchaus eindrucksvolle Vitae vorzuweisen haben – ex-Schlagzeuger Waltteri Väyrynen trommelt mittlerweile bei OPETH und ex-Keyboarder Saku Moilanen ist u. a. bei BEFORE THE DAWN und GOFDLESH aktiv – so sagt das noch wenig über die Band selbst aus. THE HYPOTHESIS, so heißen die gegenständlichen Finnen übrigens, bestehen seit 2009, liefern nun mit „Evolve“ ihr zweites Full-Length-Album ab und der Waschzettel lässt dazu die Referenzen GOJIRA, TEXTURES und TESSERACT fallen.

„Evolve“ ist eines dieser Alben

Von den drei genannten trifft zumindest TESSERACT in Teilen zu, z. B. erinnert der Titeltrack ein bisschen an deren neuere Ergüsse. Darüber hinaus hat das Quartett mit den genannten Bands wenig zu tun. Mit GOJIRA gibt es auf „Evolve“ praktisch gar keine Überschneidungen und TEXTURES kann man höchstens mit etwas Fantasie hinein interpretieren, wenn man denn so zynisch sein und das kompositorische Genie der Tilburger herunter spielen möchte. Ansonsten halten sich THE HYPOTHESIS eher an das, was im zeitgenössischen Modern Metal/Metalcore so üblich ist. Es gibt Annäherungsversuche an moderne Djent- und extremere Prog-Gepflogenheiten á la MONUMENTS, von denen keine das durchschnittliche Ohr jedoch zu sehr vor Herausforderungen stellen sollte – alles hier sehr oberflächlich angekratzt und inkonsequent erforscht.

Man muss den Finnen zugestehen, dass sie durchaus in der Lage sind, geschmackvolle Modern Metal-Tracks auf die Beine zu stellen. Die Gallionsfigur ist in dieser Hinsicht der Song „From The Ashes“, der, rhythmisch zugegeben weitestgehend statisch inszeniert, die vielleicht konsistenteste Stimmung vorweist und zeigt, wo die Stärken der Band liegen. Kühle Synths legen sich unter das Stück, während elegante Gitarrenlicks immer wieder um das Geschehen tänzeln. Das folgende „Dead Cold Silence“ beweist zudem, dass die Herren durchaus das Zeug zur Hitproduktion haben mit einem treibenden Groove, der die Nackengegend angenehmst beansprucht, bei dem aber wiederum eine überlebensgroße Hook fehlt.

THE HYPOTHESIS spielen kompetenten Modern Metal ohne nennenswerter Showstopper-Momente

Technisch sitzt auf „Evolve“ auch alles ziemlich straff, sodass es hier ebenfalls keine Ausfallerscheinungen gibt. Es gibt aber auch keine wirklichen Showstopper-Momente, wie sie die referenzierten TEXTURES beispielsweise aufweisen. Das kann man im Grunde abstrahierend auch als Fazit auf „Evolve“ anwenden: Was den Finnen fehlt, ist irgendeine Charakteristik, die sie irgendwie aus der Masse hervorhebt. Erwähnte unsereins zuvor MONUMENTS, so brennen die Briten regelmäßig ein ordentliches Feuerwerk ab, jetzt mal unabhängig von deren Songwriting-Qualität. Das ist bei THE HYPOTHESIS nicht der Fall. Auf der anderen Seite zeichnen sich die Finnen aber auch nicht durch interessante Strukturen oder Ideen aus.

Das führt letztlich zu einem Album, das innerhalb des Modern Metal ziemlich gesichtslos dasteht neben ebenso unspektakulären Zeitgenossen wie DISCONNECTED. Die harschen Vocals klingen generisch und der knabenartige Klargesang könnte – betrachtet man die Nähe des Albums zur Metalcore-Sparte – klischeehafter nicht sein. „Evolve“ ist ein Amalgam gängiger Stilelemente, die andere Bands wenigstens durch eigentümliche Schnörkel viel interessanter gestalten, die THE HYPOTHESIS jedoch meist recht beliebig und generisch vor sich hin lärmen lassen. „Watch The World Burn With Me“ fasst diese Symptomatik wunderbar zusammen – richtig ärgerlich dagegen ist, dass sie auf dem Rausschmeißer „Stray“ zeigen, dass sie technisch über sich hinaus wachsen können, wenn sie denn wollen.

Mit einigen Lichtblicken hier und da ist bei den Finnen somit noch nicht alle Hoffnung verloren. In diesem Sinne sei das Quartett zurück ans Zeichenbrett gerufen.

03.10.2024

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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