Hier sitze ich nun vor „Danger: White Men Dancing“ und weiß nicht, was ich sagen soll. Auf diesem kleinen Stück Blues-Rock ist so viel an berühmtem Personal vertreten, dass man dieses Album eigentlich unbesehen loben können sollte: Bob Daisley (BLACK SABBATH, RAINBOW), Jon Lord (DEEP PURPLE) und Ian Gillan (DEEP PURPLE), um nur ein paar zu nennen. Doch die Vergangenheit hat ja nicht erst einmal gezeigt, dass auch Berühmtheiten vor Fehlgriffen nicht gefeit sind. Was soll man denn dann von allerhand großen Namen, die sich zusammengefunden haben, um nicht zuletzt ihrem Namensgeber Willie Dixon zu huldigen, halten?
Während hinter mir nun also überlebensgroß und mit erhobenem Zeigefinger Goethe thront und dem Herrn Faust wieder und wieder die geflügelten Worte über das Verhältnis von Namen, Schall und Rauch in den Mund legt, entpuppt sich „Danger: White Men Dancing“ als genau dasjenige zweischneidige Schwert, das ich insgeheim gefürchtet habe. Natürlich, denn das muss man den Herren einfach zugestehen: Wer so lange so erfolgreich Musik gemacht hat, muss sich schon anstrengen, um eines Tages wieder technische Klogriffe fabrizieren zu können – was zwar nicht grundsätzlich unmöglich ist, aber auf diesem Album zu keiner Zeit in Sicht- beziehungsweise Hörweite kommt. Die Produktion stimmt noch im Detail und natürlich können die Herren immer noch ihre Instrumente spielen. Und dann wäre da noch, fast hätte ich es vergessen, die Hammond-Orgel, die Jon Lord bedient.
Ebendiese Hammond-Orgel trägt das Album auch vor sich her, zeichnet sich damit aus; fast könnte man meinen, das Album hat Angst vor den anderen Instrumenten, so sehr wird die Orgel herausgestellt. Und natürlich betont auch die Presseinfo wieder und wieder diese Orgel – völlig zu Recht, meine ich auf der einen Seite, auf der anderen Seite aber besteht ja so ein Musikalbum aus mehr als nur einer Orgel, auch wenn das Spiel von Jon Lord superb an selige DEEP-PURPLE-Urzeiten erinnert und wohl am ehesten schlagzeilenträchtig ist.
Der Gesang – insgesamt vier verschiedene Sänger geben sich hier die Ehre – schwankt in seiner Qualität, setzt aber keine echten Ausrufezeichen. Natürlich kann Ian Gillan nicht mehr an Ruhmestage aus „Child in Time“-Zeiten anknüpfen und versucht es auch gar nicht erst – insgesamt bleibt der Gesang so aber hinter der Ausdruckskraft der Musik zurück, Tim Gazes Vokalbeitrag in „Gotta Find Me Some Fire“ etwa erklingt entgegen dem Ansatz fast schon gelangweilt und trocken. Im Gegensatz dazu wird der STONES-Klassiker „Heart of Stone“ souverän bestritten, auch die anderen aus seligen Zeiten nachgespielten Stücke, zwei von Willie Dixon, eines von Don Nix, sind nicht schlecht geraten: „Dead President“ etwa versprüht diesen leicht humorvollen Charme, wie er auch im instrumentalen Titelstück nicht abzustreiten ist. Dieses Niveau kann aber leider nicht durchgehend gehalten werden.
Der Musik fehlt über große Strecken hinweg das Feuer der Anfangstage beziehungsweise ihre damalige Absicht, Neues zu schaffen, denn wenn diese Platte eines ganz sicher nicht ist, dann ist das originell. Für Anhänger des Stils vielleicht fast schon ein Muss, für alle anderen ein nettes Hörerlebnis, mehr aber auch nicht.
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