Auch wenn der Genre-Begriff „Occult Metal“ eher ein Schattendasein führt: Die 2014 in London gegründete Band THE HERETIC ORDER ist hier wohl als Paradebeispiel zu nennen. Musikalisch eher dem Heavy Metal zuzuordnen, bewegt sich die vierköpfige Band um den etwas exzentrischen Sänger und Gitarristen Dominus Ragnar konzeptionell auf stockfinsteren Themenfeldern wie Krankheit, menschliche Gier, Korruption und den düsteren Kapiteln der Menschheit. Ausschraffiert wird dieser Entwurf mit einer ordentlichen Portion dessen, was gemeinhin als Okkultismus – also esoterische, paranormale, mystische oder übersinnliche Phänomene – bezeichnet wird. Oder wie es das Label der Band in Kurzform formuliert: „Mach dich darauf gefasst, dass deine Alpträume zurückkehren werden. Lasset die Show beginnen!“ Na dann mal los.
THE HERETIC ORDERs dritter Ausflug ins Reich des Okkulten
Nach den beiden Langrillen „All Hail The Order“ (2015) und „Evil Rising“ (2018) legen die britischen Fachkräfte für musikalischen Horror nun ihr drittes Werk unter dem schlichten Titel „III“ vor. Dieses bietet zwölf neue Songs (inklusive „Prologue“ und „Epilogue“) mit einer Spielzeit von 48 Minuten, wobei das Cover-Artwork verdächtig an LACUNA COILs „Unleashed Memories“ erinnert. Im Vorfeld der Veröffentlichung gab es drei Auskopplungen zu bestaunen: „Children Of The Sun“ erschien im März mit einem düsteren Lyric-Video, das zu dem thematisierten Opferkult der Maya passte. Auch musikalisch wird der Track mit eingängigen Riffs und einem treibenden Beat eindrucksvoll inszeniert. Der Gesang, nun ja, mag nicht jedermanns Sache sein, auch wenn Ragnars Stimme alles andere als unterrepräsentiert wirkt.
„King Of The Damned“ wurde ebenfalls pre-released, und das aus gutem Grund. Die dröhnenden Riffs und der fiese Gesang sorgen für eine wahrhaft gruselige Atmosphäre. Auch das Anfang Mai online gestellte, krawallige „The Conjurer“ ist ein weiteres einschlägiges Exempel für das Exposee einer Band, die nichts von Friede, Freude, Eierkuchen hält. Apropos: „Burn This World“ lässt sich wohl als Generalabrechnung mit der gesamten Menschheit deuten. Die Lyrics sind bitterböse und der Gesang kriecht beinahe waffenscheinpflichtig aus den Boxen. Als Gastsänger tritt hier Jeremy Gomez (RED METHOD) in Erscheinung.
Eine MOTÖRHEAD-Coverversion, die ins Schwarze trifft
Mit einer Coverversion des MOTÖRHEAD-Klassikers „Deaf Forever“ (1986) gelingt der Band ein echter Treffer. Die fetten Riffs dröhnen ganz ordentlich in den Lauschern. Zudem klammert sich das Remake nicht zu sehr ans Original, so dass man hier wahrhaftig nicht von einem seelenlosen Filler sprechen kann. Sehr ordentlich gemacht, da gibt’s nichts zu tadeln.
Weitere Anspieltipps sind das gemäßigte „Spiders“ sowie „Mark Of The Beast“ mit seinem mittelalterlichen Szenario des Schreckens. Auch das sechsminütige, groovige und mit feiner Gitarrenarbeit gewürzte „Spirits Of The Night“ hat was Spannendes an sich. Der Finisher „Invictus“ überzeugt mit überraschenden Breaks und Tempowechseln – hier stellt die Band zweifellos ihre Kreativität unter Beweis.
Trotz Luft nach oben ist „III“ ein überzeugendes Werk
In puncto Eingängigkeit könnte aber noch ein Schüppchen draufgepackt werden, will sagen: Als Ohrwurmproduzenten werden THE HERETIC ORDER wohl nicht in die Musikgeschichte eingehen – aber das würde dem Konzept der Band auch nicht entsprechen. Dennoch wären einige zusätzliche Widerhaken für die Gehörgänge förderlich. Stattdessen steht eine verstörende Horrorshow mit destruktiven, hasserfüllten Lyrics im Vordergrund, die in ihrer Konsequenz aber eine gewisse Faszination ausüben.
Positiv lassen sich auch die an klassische Spielarten des Metals erinnernden Gitarrenläufe, Riffs und Soli bewerten. An dem krächzenden Gesang von Meister Ragnar werden sich womöglich die Geister scheiden, aber das Thema hatten wir ja schon. Die Produktion ist erste Sahne, d. h. der Sound klingt glasklar und modern – da gibt es absolut nichts auszusetzen. Alles in allem ist zwar noch ein wenig Luft nach oben zu erkennen, aber mit „III“ haben die britischen Gruselbarden eine überzeugende, handwerklich gut gemachte Platte abgeliefert. Die Zielgruppe wird sich über „III“ jedenfalls freuen, so sicher wie der Tod und die Steuer.
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