Drei Jahren haben die französischen Lovecraft-Verehrer THE GREAT OLD ONES benötigt, um den Nachfolger zu ihrem Überwerk „Tekeli-li“ aufzunehmen. Nun ist „EOD: A Tale Of Dark Legacy“ erhältlich, und während „Tekeli-li“ sich inhaltlich mit den Bergen des Wahnsinns beschäftigte, will sich das neue, dritte Werk der Band als eine Art Fortsetzung zu „Der Schatten über Innsmouth“ verstanden wissen. Das ist den Songs auf dem Album durchaus anzuhören, denn ein Stück der antarktischen Kälte des Vorgängers fehlt, dafür klingt „EOD: A Tale Of Dark Legacy“ düsterer, weniger greifbar, morbider.
THE GREAT OLD ONES bleiben sich treu, verändern ihren Stil aber trotzdem in Nuancen – angepasst an die Geschichte, die sie erzählen
Das ist jedoch mehr eine atmosphärische Angelegenheit, als dass es direkt auf das Songwriting zuträfe. Denn stilistisch haben sich THE GREAT OLD ONES nur in Nuancen von ihrem eingeschlagenen Pfad fortbewegt. Auch 2017 regiert bei den Franzosen atmosphärischer Black Metal mit hintergründigen Melodien, die sich meist eher unterschwellig, durch die Hintertür in die Gehörgänge fressen, um dort zu verweilen. Die Unterschiede zu „Tekeli-li“ bestehen in erster Linie darin, dass das Drumming etwas aggressiver klingt, und dass „EOD: A Tale Of Dark Legacy“ weniger deutlich mit drei Gitarren aufgenommen worden ist. Möglicherweise ist das der Einfluss des neuen Gitarristen Aurélien Edouard – oder es ist der Thematik geschuldet, denn statt kalter Flächen und komplexer, zweistimmiger Melodien setzen THE GREAT OLD ONES heuer vermehrt auf eine einsame, verlassene, düstere Leadgitarre, was der „Schatten über Innsmouth“-Stimmung durchaus zuträglich ist.
Auch auf „EOD: A Tale Of Dark Legacy“ jonglieren die Franzosen mit Melodie und Ambient, mit Eingängigkeit und Atmosphäre
Ansonsten ist bei den Franzosen vieles beim Alten geblieben, wer „Tekeli-li“ nicht nur wegen der kalten Atmosphäre mochte, der wird auch „EOD: A Tale Of Dark Legacy“ lieben. Die typischen THE GREAT OLD ONES-Trademarks sind auf dem neuen Album der Band allgegenwärtig, eben mit den oben genannten Einschränkungen. Was viel wichtiger ist: THE GREAT OLD ONES schaffen einmal mehr den Spagat zwischen Melodie und Ambient, zwischen Eingängigkeit (wenn auch hintergründiger Eingängigkeit) und Atmosphäre. „EOD: A Tale Of Dark Legacy“ ist ein unheimlich dichtes Werk, stets auf den Punkt komponiert, trotz teils ausufernden Songlängen von bis zu knapp elf Minuten („Mare Infinitum“), ist an dem Album kein Gramm Fett zu viel. Jede Note, jeder Taktschlag, jeder Akkord sitzt und trägt seinen Teil zum großen Ganzen, zur atmosphärischen Dichte und zur erzählten Geschichte bei.
Ein überragendes Album!
Und genau deshalb darf „EOD: A Tale Of Dark Legacy“ als überragendes Album gelten, denn genau daran erkennt man letztlich doch überragende Alben: Sie sind von Anfang bis Ende durchdacht, beinhalten keinerlei Füllmaterial und wirken obendrein zu keiner Sekunde verkopft. Dabei sind THE GREAT OLD ONES nach wie vor keine Band, die ganz einfach zugänglich ist, keine Band, die sich direkt ins Bewusstsein schrauben will. Nein, die Platten der Franzosen wollen eher gefühlt als gehört werden, genauso wie man eben H.P. Lovecraft mit einem Sinn für das Unterschwellige lesen muss, damit seine Geschichten ihre volle Wirkung entfalten. „EOD: A Tale Of Dark Legacy“ ist vielleicht nicht besser als „Tekeli-li“, aber es ist mindestens gleichwertig. In Nuancen anders – aber anders gut. Gleichwertig eben … und überragend.
Erst „Al Azif“, dann „Tekeli-Li“ und jetzt „EOD: A Tale Of Dark Legacy“, drei Platten, ein weng, eine Geschichte. Von Release zu Release eine stetige Steigerung, sowohl was das Songwriting angeht, als auch die mittlerweile großartige Live-Performance. Unfassbar was in den letzten drei Jahren für Hammer-Scheiben aus Frankreich kamen. Ganz schuldlos ist auch eines meiner Lieblings-Labels nicht, nämlich „Les Acteurs de l’Ombre Productions“, die es seit einiger Zeit verstehen wirklich gute und aussergewöhnliche Bands zu signen und unter die Leute zu feuern. So auch THE GREAT OLD ONES (und sehr gute weitere wie AU-DESSUS, DELUDGE, REGARDE LES HOMMES TOMBER und HEIR). Und die bestechen durch ihre variable Herangehensweise, in dem ruhige Parts auf rasende und dissonante Strukturen und düstere und atmosphärische Melodien treffen. Nie straight, man denkt oftmals jetzt verlieren sie sich, aber nichts da. Der Weg wird wieder und immer wieder gefunden und bestritten. DIe teils sehr langen Tracks sind nie überladen oder enttäuschen durch kopflose Monotonie, sondern nehmen einen mit auf eine Reise, bei der man beim letzten Stück angelangt dann glücklich, aber auch froh ist, vershcnaufen zu können. Unfassbar gute Platte einer unfassbaren Band. Hätte jedoch gern noch ein Stück der Sorte „Antarctica“ gehabt, wohl eines der besten die TGOO jemals schrieben.