The Great Discord - Duende

Review

THE GREAT DISCORD aus Schweden legen mit „Duende“ ihr Debüt vor und wurden dafür von Metal Blade unter Vertrag genommen. Und unsereins tut sich schwer, zu beschreiben, was hier eigentlich abgeht. Am einfachsten ist der Vergleich LEPROUS zu „Bilateral“-Zeiten, das Ganze eben nur mit weiblichem Gesang. Aber auch der Vergleich hinkt ein wenig, da es eben doch nicht ganz so leicht ist, die Band in eine Schublade zu stecken.

Polyrhythmik gibt es auf „Duende“ kaum – lediglich bei „Angra Mainyu“ wird mal etwas derartiges angedeutet. Dennoch sind die thrashigen Riffs zum Teil äußerst abgedreht und werden scharf und zielgenau geliefert. Dazu gesellt sich gerne ein unterschwelliges Klavier, das für die nötige Stimmung sorgt. Die Rhythmik variiert nahezu ständig, selten bleibt sie über 30 Sekunden konstant. Auch die Beschaffenheit der Melodien ändert sich mit jedem Song. So erlebt man bei „Deus Ex Homine“ zum Teil MASTODON-typische Gitarrenläufe, während THE GREAT DISCHORD bei „Illuminate“ fast schon Pop Metal spielen. Dann gibt es aber auch immer wieder Passagen, die für eine meterhohe Gänsehaut sorgen. Das Finale von „Eigengrau“ zum Beispiel, sowie der hymnische Mittelteil von „L’Homme Mauvais“ sind solche Momente.

Ständig passiert etwas, ständig wird der Hörer mit einer neuen musikalischen Herausforderung konfrontiert. Dadurch entsteht eine immense Spannung, die den aufmerksamen Hörer bei der Stange hält. Dagegen singt Fia Kempe mit allem, was ihre Stimmbänder hergeben, an und trägt unbestreitbar dazu bei, das THE GREAT DISCORD auf „Duende“ bereits ihren eigenständigen Sound entwickelt haben, den man in dieser Form nicht alle Tage zu hören bekommt. Ihr expressiver und impulsiver Gesang wirkt manisch, gequält und sehr emotional. Und in „Self æta“ wird sie sogar durch Growls begleitet, was so gut harmoniert, dass man sich fragt, warum das nicht häufiger auf dem Album passiert.

So befindet sich „Duende“ in einem permanenten Zustand der Rastlosigkeit und Unruhe. Zusammen mit der druckvollen Produktion entsteht eine seltsam verstörende Atmosphäre, die schwer in Worte zu fassen ist. Man muss es einfach selbst hören. Es ist fast so, als sei die Band von einem Dämon besessen oder anderweitig dem kollektiven Wahn(-sinn) anheim gefallen, womit die Brücke zum Albumtitel geschlagen wird: „Duende“ meint einerseits eine feenartige Kreatur aus der iberischen Mythologie, kann andererseits aber auch im weiteren Sinne „beseelt“ oder „inspiriert“ heißen. Es mag seltsam klingen, aber in gewisser Weise erinnern THE GREAT DISCORD an die antike Dichtung, in der die lyrische Persona eine Muse oder eine Gottheit anruft und von dieser darauf hin beseelt, gar besessen wird und beginnt, ihr Werk im Wahn zu schreiben.

THE GREAT DISCORD haben mit „Duende“ ein beeindruckendes Debüt vorgelegt, das die ohnehin schon hoch hängende Messlatte für experimentelle Musik noch einmal auslotet. „Duende“ ist wie ein höllischer Trip durch eine andere, eine bizarre Dimension voller unaussprechlicher Abstrusitäten.

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26.05.2015

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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