The Ghost Inside - Dear Youth

Review

Das Hard- und -Metalcore-Lager wurde in diesem Jahr reichlich verwöhnt. Allein die neuen Alben von den ARCHITECTS und COMEBACK KID waren das Gegenteil von einer Enttäuschung, mein Jahreshighlight hat sich aber bis Ende 2014 Zeit gelassen: THE GHOST INSIDE!

„Dear Youth“ ist überragend geworden – eine Aussage, die mir im Metalcore selten über die Lippen kommt. Doch schon mit dem Opener „Avalance“ starten THE GHOST INSIDE ihren Siegeszug eindrucksvoll wie selten erlebt. Brachial, voller Energie und fantastischem Songwriting. Alles, was einem in diesem Segment an Trademarks einfallen will, setzen die Amis ein und das auf einem unglaublichem Niveau. Moshparts, gewaltige Breakdowns, Ohrwurm-Refrains, Gangshouts … hervorragend.

Einzelne Highlights? Wo soll man da anfangen und aufhören? Das genannte „Avalance“ gehört sicher dazu, der Ohrwurm „Out Of Control“ mit seinem bärenstarken Refrain sowieso, das anschließende „With The Wolves“ (inklusive Mitsing-„Oho“) und das treibende „Dear Youth (Day 52)“ ebenfalls. Genauso wie „Wide Eyed“ mit dem grandiosen Gastbeitrag von Jason Butler (LETLIVE). Faszinierend ist darüber hinaus, dass THE GHOST INSIDE es selbst beim kitschigen „Phoenix Flame“ nicht vergeigen. Das ruhigste Stück des Albums (böse Zungen könnten es Alibi-Halbbalade nennen) schafft es trotzdem zu überzeugen – zwei Dinge sind dafür alles entscheidend: Erstens, der „Kitsch“ in Form von reingemischten Streichern wirkt tatsächlich dramaturgisch wertvoll, und zweitens, Geschrei und Klargesang besitzen die gleiche bestechende Qualität.

Letzteres ist nach der starken instrumentalen Darbietung das Sahnehäubchen und der letzte Schritt von einer sehr guten zu einer überragenden Metalcore-Scheibe. Kein Teenie-Gequietsche oder dünnes Gejammer, sondern tatsächlich überzeugender, packender Klargesang und eine über alles erhabene Stimme von Jonathan Vigil, die in jeder Form des extremeren Gesangs (Gebrüll, Geschrei) vollkommen überzeugt – grandios.

Aus dem Schwärmen reißt mich der Fünfer lediglich einmal auf „Dear Youth“. Mit „My Endnote“ hat sich eine testosterongesteurte Hardcore-Groove-Nummer eingeschlichen, die immer noch auf einem ausgesuchten Niveau spielt, aber im Direktvergleich mit den restlichen elf Nummern reichlich blass wirkt.

Aber was soll’s. THE GHOST INSIDE haben es geschafft, sich aus der Masse an richtig starken Metalcore-Bands zu erheben und sich bei mir einen Ausnahmestatus zu verdienen. Gegen „Dear Youth“ wirkt in diesem Jahr nahezu alles aus diesem Segment (sieht man mal von „Lost Forever // Lost Together“ ab) ein bisschen farblos. Die einzige Frage, die THE GHOST INSIDE bei mir offen lassen – lässt sich „Dear Youth“ noch toppen oder das Niveau überhaupt nochmal erreichen? Eigentlich ist das aber egal, denn ich bedanke mich für ein klasse Album, das mir jetzt schon viele Stunden beste Unterhaltung geliefert hat.

15.12.2014

Chefredakteur

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