Mit “Islands“ präsentieren THE FLOWER KINGS ihr vierzehntes Studioalbum. Zeit und Ruhe sollte man sich dafür nehmen, denn das Prog-Monster kommt mit über 90 Minuten Spielzeit daher. Der Künstler Roger Dean, auch bekannt als der Coverillustrator von YES, GENTLE GIANT oder URIAH HEEP, kreierte das Artwork von “Islands“. Zudem war die gesamte Produktion von der Corona-Pandemie betroffen.
Doch wie nicht anders von THE FLOWER KINGS zu erwarten, konnten diese trotz der Einschränkungen ihre Füße nicht stillhalten. So entstand “Islands“ sogar unter anderem wegen des Lockdowns. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass das Album vor allem Isolation und Einsamkeit thematisiert.
THE FLOWER KINGS bleiben bei bewährten Konzepten
Die progressive Leidenschaft erblüht weiterhin in Form von musikalischer Atmosphäre und bindet ein vielfältiges Arrangement an Instrumenten ein. Diverse Gitarren, Synthesizer und Pianos versprechen ein klangreiches Album. Typisch für THE FLOWER KINGS finden auch unkonventionelle Sounds ihren Weg auf das neue Werk. Mit Orgel, Saxophon oder Ukulele fesseln die Prog-Rocker Hörende an ihren Platz und schaffen Abwechslung.
THE FLOWER KINGS setzen sehr auf kompakte Songs, lediglich “Solaris“ fällt aus diesem Schema heraus. Instrumentale Stücke wie “Journeyman“ oder “Hidden Angels“ bleiben weitgehend autonom und verbinden die Tracks inhaltlich nicht miteinander. Trotzdem fällt dies nicht negativ ins Gewicht, sondern macht den Hörfluss einfacher und vermeidet langatmige Passagen. Abgesehen von der Albumlänge könnte “Islands“ für Neulinge im Progressive Rock interessant sein.
Musik erwacht in “Islands“ zum Leben
“Racing With Blinders“ entfacht durch schnelle taktvolle Drums und quengelnde Synthies einen packenden Einstieg. Besonders die aufheulenden Gitarreneffekte geben der Szenerie einen härteren Touch, der progressive Herzen höher schlagen lässt. Roine Stolt beweist hier ein weiteres Mal, dass sein gesanglicher Ausdruck nicht an Authentizität verloren hat.
Weniger intensiv jedoch emotionaler erscheint “Solaris“ durch orchestrale Nuancen und märchenhafte Klangmalereien. Mehrere Breaks wechseln von Retro-Prog zu ruhigeren Einlagen, welche schon eher der klassischen Musik zuzuordnen sind.
Solch wechselnde Stimmungselemente finden des Öfteren ihren Weg auf “Islands“. Auch “Black Swan“ oder “Looking For Answers“ kombinieren unbehagliche beziehungsweise euphorische Melodien miteinander, münden aber nicht in Chaos. Vielmehr experimentieren THE FLOWER KINGS mit bluesigem Sound und erschaffen meditative Atmosphären.
“Islands“ teilt sich in zwei Tonträger auf, wobei der zweite Abschnitt etwas melancholischer klingt. Doch von Qualitätsabnahme fehlt jede Spur. So zeigt sich der zweite Teil des Albums verschachtelter in seiner Spielweise. “Serpentine“ integriert verspielten Jazzsound, hingegen “A New Species“ einen starken KING CRIMSON-Charakter aufweist.
THE FLOWER KINGS einsame Insel
Ausschlagend für die Thematik des Albums ist die anhaltende Pandemie. Somit behandeln THE FLOWER KINGS besonders Isolation und gesellschaftliche Ausgrenzung. Der Introsong spricht von Durchhaltevermögen und der Fähigkeit einen kühlen Kopf in jener schwierigen Situation zu bewahren.
In “Broken“ behandelt die Band den inneren Konflikt in jedem von uns, sobald der Mensch Stress ausgesetzt ist. Daraus kann Chaos resultieren, da verschiedene Lager mit unterschiedlichen Ansichten aufeinander treffen. Letzten Endes tragen beide Parteien ihre Narben davon und müssen lernen damit umzugehen.
In all dem Wirrwarr gibt es trotzdem ein Lichtblick, der die Schönheit unserer Erde enthüllt. Auch wenn Konflikte immer wieder auftreten, gibt es Hoffnung. THE FLOWER KINGS machen mit “Heart Of The Valley“ Mut, nicht nur das Negative zu sehen.
Die bedeckte Seite der Medaille
Die Band nutzt diverse stilistische Figuren und überzeugt mit gekonnten Texten. “All I Need Is Love“ bringt so das Verlangen nach Partnerschaft und Freundschaft glaubwürdig zur Geltung, bleibt dabei aber sehr positiv. Das wirkt zunächst sehr einseitig, wobei die Frage aufkommt, ob es wirklich notwendig ist in dieser Hinsicht pessimistisch zu denken.
Denn einfache Antworten auf Probleme liefern THE FLOWER KINGS nicht, stattdessen sprechen rhetorische Fragen Hörende direkt an. Auch wenn “Serpentine“ vom Sound her für den ein oder anderen etwas gewöhnungsbedürftig erscheint, treffen die einzelnen Zeilen direkt ins Herz.
THE FLOWER KINGS üben hier Kritik an der Industriegesellschaft und zeigen auf, dass Reichtum allein nicht unbedingt glücklich macht und wie das eigene Handeln, welches selbst zur Genugtuung gereicht, andere Entwicklungsländer ausbremst. Stichwort Konsum. Unsere Probleme wirken dagegen geradezu nichtig.
THE FLOWER KINGS sind stiltreu und dennoch innovativ
Die Gruppe rund um Roine Stolt macht dem Retro-Prog immer noch alle Ehre. Durch verschiedene experimentierfreudige Melodien unterscheidet sich “Islands“ trotzdem leicht von seinen Vorgängern. Viele Tracks sind durch ihre Kompaktheit überraschend eingängig, verlieren jedoch nicht an Komplexität. Textlich finden die Themen zwar Anklang an die pandemischen Verhältnisse, sind aber auch auf viele andere Lebensfragen übertragbar. Im ganzen liefern THE FLOWER KINGS ein sehr atmosphärisches Werk ab.
Hab Mal reingehört, bin damit nicht warm geworden. Mag die Band aber sehr und das Cover ist in Traum. Muss mir das irgendwie „schönhören“… ;))