The Cumshots - Just Quit Trying

Review

Cargo ist Cargo ist Cargo. Immer schon als richtig coole Sau durchgegangen, der Kerl, und ein Garant für überraschungsarmen, aber duften Baller-Rock. Max Cargo: Ein junger, auf ewige Coolness abonnierter Mann, ein Vollblutrocker, dessen Zaubertrank Jack Daniel’s heißt, eine von den norwegischen Boulevard-Gazetten zum unverwundbaren Rock’n’Roll-Superstar hochstilisierte Ikone? Ein verschmitzter, mit viel Geistesschärfe gesegneter Kumpel, der nicht genug bekommt, vom heißen Tanz auf dem Vulkan, einer, der eben gerne Vollgas gibt und auf die Konsequenzen scheißt? Max Cargo, ein kleines Enigma der Musikwelt. Und ändern dürfte er sich niemals. Das wäre nämlich im THE-CUMSHOTS-Kosmos ein Anzeichen für die bevorstehende Apokalypse.

Denn Max Cargo und seine Band bieten nicht nur Projektionsfläche und Spektakel – sie sind vor allem Rock’n’Roll gewordenes Comfort-Food. Gut für die Seele. Reines Gefühl. Viele Kalorien. Und immer gleich. So könnte man ihnen auch mit ihrem neuesten Album vorwerfen, sie würden denselben Kram wie schon auf „Last Son Of Evil“ oder „Norwegian Jesus“ machen und lediglich ihren schnellen, den mittelschnellen und den langsamen Song in mikroskopischen Abwandlungen runterrattern. Dienst nach Vorschrift leisten, Kundenservice bieten, verlässlich recyclen. Was natürlich irgendwie stimmt, aber eigentlich auch oberflächlicher Blödsinn ist. Wer sich je genauer mit THE CUMSHOTS befasst hat, der weiß, dass die Klasse ihrer Musik gerade in deren sturem Minimalismus liegt. Schlagt nach unter AC/DC und MOTÖRHEAD, manche Künstler sind ihr eigenes Gesetz.

„Just Quit Trying“ ist ein ausnehmend schönes Brett. Rock’n’Roll-Metal mit dieser so typischen skandinavischen Ästhetik. Das heißt, dass selbst die dreckigsten Sound-Ecken, der restalkoholisierteste Köter von Gitarrist, die schäbigste Hook so unauthentisch authentisch zerstört und zerhaut wirken, als wären sie alle durch einen naturalistisch-realistischen Maler von einem Foto abgemalt. Alles, was man musikalisch mit Band- und Albumtitel assoziiert, trifft zu. Das ist gut, denn man möchte ja gerade in diesem Genre nur ungern überfordert werden – sie bestellen und beackern ihr Terrain absolut pflichtbewusst und bar jeder Ironie. Diese Art von flamboyantem Metal ist nämlich nur interessant, wenn er im vollen Bewusstsein der eigenen Absurdität vorgetragen wird. Sobald Zeltlager-Humor oder Ironie in den Vortrag Einzug halten, wird er gewöhnlich zum Disaster.

Das ist freilich schon einmal ein großer Pluspunkt, denn wenn es etwas nicht braucht in der zeitgenössischen Musik-Kultur, dann ein Augenzwinkern. THE CUMSHOTS bringen ihre corporate identity gänzlich unaufgefordert auf den Punkt, riffrocken stur, bierig und brachial, klingen dementsprechend beeindruckend dated und damit absolut hinreichend (wenn nicht gar: beachtlich!) unmodern. Hin und wieder wird der, wie man so sagt: „schnörkellose Rock“ unterbrochen von einem kurzen Akustik-Geplänkel, was einem den nächsten wüsten Tritt in den Unterleib aber nur versüßen will. Eine Platte wie ein Hieb. Das Schlagzeug scheppert, als bestünde es ausnahmsweise mal nur aus Becken, die Gitarren knarzen und pfuiteufeln so unverfälscht in tieferen Lagen, dass der Eindruck entsteht, hier sei im finalen Mix – wenn überhaupt! – nur noch marginal und der Ordnung halber feinjustiert worden. Cargo nölt und raunt wie ein junger, etwas zurechnungsfähigerer Lemmy.

„Auf die Fresse. Auf die Fresse“, schreit man gerne in Fußballstadien, wenn der gegnerische Block von der Polizei gestürmt und auseinander genommen wird. „Auf die Fresse! Auf die Fresse!“ möchte man gerne schreien, bevor man „Just Quit Trying“ anmacht. Und im Gegensatz zur Polizei sind THE CUMSHOTS immer on guard! Und das ist gut so. Und Max Cargo singt in „I Drink Alone“: „Please somebody, take my mind off my mind“. Genial irgendwie. So Goetz und „Subito“ irgendwie. In diesem Restsommer schön Faust in die Luft und THE CUMSHOTS mitschreien. Und sagte ich schon, dass man das alles ruhig ohne weitere Vorbehalte gut finden kann?

25.08.2008
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