The Committee - Utopian Deception

Review

Die international zusammengesetzten Düsterheimer THE COMMITTEE mit Sitz in Belgien haben bereits mit „Power Through Unity“ (2014) und „Memorandum Occultus“ (2017) gezeigt, dass sie gut vorlegen können. Im Black Metal verwurzelt,  aber auch mit einer gewissen Affinität für Doom-Schwere und atmosphärische, lang ausgezogene Songs ausgestattet, war das Hauptgimmick wohl die Anonymität und Aufmachung der Band.

Mit den Masken, den Kostümen mit Rednerpult auf der Bühne, die an totalitäre Regime gemahnen sollten, den „Positionen“ der Mitglieder, den kontroversen textlichen Themen (der Hungermord an den Ungarn auf dem Demo „Holodomor“, das Verhältnis von Deutschland und Russland im Kontext des zweiten Weltkrieges auf „Power Through Unity“ und unsere moderne Welt mit ihren Werkzeugen zur Manipulation der Massen auf „Memorandum Occultus“) erzielten sie jedenfalls schon einmal Aufmerksamkeit.

Den oftmals mit Referenzen gespickten Sound (etwa die Verarbeitung der deutschen und russischen Nationalhymnen auf „Power Through Unity“), der hauptsächlich mit einfachen, aber eingängigen Melodiebögen arbeitete, hübschen sie auf dem Zweitwerk um ein paar Abwechslungen wie akustische Intros und ein paar Breaks auf. Diese kleinen neuen Einflüsse im Sound gibt es nun noch besser eingearbeitet auf „Utopian Deception“. Mit dem Namen des neuen Albums schliesst sich auch der Kreis der Diskografie, greift er doch einen Songtitel des Demos auf.

Während die erdrückende Atmosphäre auf den Vorgängern schon durchaus mal hinsichtlich der Länge nach hinten raus arg zäh und fad werden konnte, wird das hier ziemlich gut vermieden. Musikalisch und vom Songwriting her liegt mit „Utopian Deception“ nichts weiter als das abwechslungsreichste und stärkste Album der Karriere von THE COMMITTEE vor.

„Utopian Deception“ nimmt sich musikalisch noch einmal mehr Freiheiten

Textlich widmet sich die Band „Social Engineering“, was alles oder nichts bedeuten kann, hinsichtlich nicht vorliegender Lyrics. Aber zur Musik.

„Awakening – Unimaginable“ startet mit Radioknistern und Riffs, die einen gleich MARDUK erwarten lassen, geht in Folge mit den gebrochenen Akkorden dann aber ins INQUISITION-Camp. Nanu, wo sind denn die ehemaligen THE COMMITTEE hin? Die kommen noch, spätestens zum atmosphärischen Chorus, wo die typischen Melodien wieder da sind. Da ist aber noch nicht Schluss: Allein im Opener verstecken sich noch mehr kleine Schmankerl, wie ein akustisches Zwischenspiel und ein ziemlich fett aufspielendes Finale mit harschen russischen Vocals, dass dann wiederum akustisch ausklingt. Die Widerhaken, die durch die sich wiederholenden Elemente so gesetzt werden, sind somit wesentlich effektiver als noch auf den Vorgängern und halten die Tracks stetig interessant.

Dabei sind die Elemente einzeln betrachtet weder aufwändig noch besonders bedeutsam, reichen aber schon in ihrer Simplizität, um Farbtupfer zu erzeugen, die im sonst eher oppressiven Geist der Musik von THE COMMITTEE doch bitter notwendig sind. „Lexi-Con – Radical“ überrascht eingangs mit brutalem Dauerfeuer, findet dann aber wieder in die gewohnten THE COMMITTEE-Gefilde mit den elegisch angelegten, grossen Melodiebögen. Zwischendrin gibt es dann aber auch noch mal beinahe rockig aufgelegte Riffs. Auch hier wieder prinzipiell simpel angelegte Mittel, um die Sache spannend zu halten, aber hinsichtlich ihrer Wirkung nicht zu unterschätzen.

„Infection – Sensible“ startet ebenfalls akustisch, um dann in frostigen Black Metal auszuscheren. Diese zwei folgenden Songs sind wohl noch am ehesten das, was man von den „klassischen“ THE COMMITTEE erwartet. In der zweiten Albumhälfte verstecken sich dann nämlich die eigentlichen Überraschungen und besten Songs. „Harrowing The Sane – Popularization“ mischt perfekt wilde Black-Metal-Attacken mit schwermütigem Doom in ausgedehnten Midtempopassagen. Gleichzeitig gibt es im Mittelteil sogar regelrecht groovige Thrash-Einflüsse, unterlegt mit einem aufgeregten Bass. Persönlicher Favorit.

Fehlende Abwechslung lässt sich THE COMMITTEE 2020 nicht mehr bescheinigen. „Ossification – Law“  ist dann wieder hochmelodischer Black Metal zwischen Midtempo und Attacke mit toll ausklingendem Finale, wenn auch musikalisch nicht ganz so interessant wie der Vorgänger.  „Ashes – Norm“ als Abschluss leitet mit Bassgeblubber ein und hat diesen einen Akzent, der nur aus einer gezogenen Note besteht, die beinahe ein wenig Country-Flair versprüht. Ungewohnt, aber durchaus passend. Der Rest ist wieder der gewohnte melodische Black Metal, der solide präsentiert wird. Die Band leitet dann mit atmosphärischem Meeresrauschen „Utopian Deception“ aus.

THE COMMITTEE sind auf dem vorläufigen Höhepunkt angelangt

Mit einer Laufzeit von 46 Minuten sind THE COMMITTEE auf „Utopian Deception“ im Gegensatz zu ihren Vorgängern, die die 50 Minuten deutlich überschritten, auch ein wenig kompakter geworden. Auch wenn das insgesamt nicht viel pro Track ist – das Trimmen wurde an den richtigen Stellen angesetzt und hat etwaige Längen aus den Songs entfernt.

Gleichzeitig werden die schon ohne die kleinen Farbtupfer qualitativ gutklassigen Black/Doom-Songs durch die kleinen, aber feinen Experimente noch einmal aufgewertet und die Musik interessanter gemacht. „Utopian Deception“ arbeitet an den Mängeln der Vorgänger , bewahrt sich die oppressive, aber auch in Teilen epische Atmosphäre und spätestens jetzt sollte das internationale Quintett aus Belgien bei allen Black-Metal-Fans ganz oben stehen.

15.05.2020
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