Wenn der gute Chuck Norris schon gestorben wäre, was aufgrund seiner vermutlichen Unsterblichkeit und allgemein bekannten Beinahegöttlichkeit so schnell aber nicht passieren wird, würde er rotierend aus dem Grab auferstehen und diese nach ihm benannte Skandirock-Band wahrscheinlich vermittels patentiertem Roundhouse-Kick dahin zurück befördern, wo sie offensichtlich herkommt: auf den Schrottplatz der Rock’n’Roll-Belanglosigkeiten. Von diesem haben THE CHUCK NORRIS EXPERIMENT jedenfalls ihr eher mäßiges Musikvehikel aus Restbeständen skandinavischer Rotzrock-Gruppen, gesichtslosen The-Bands und Punkzeug wie den DEAD KENNEDYS zusammengestückelt. Und dass dieses Gefährt nicht kraftvoll mit einem V8-Motor losbrummt, sondern eher als Zweitakter-Möhre mit zerschranzter Plastikkarosserie etwas ziellos durch die Gegend pröttelt, hat gleich mehrere Gründe.
Als erstes schlägt dem Hörer der kraftlose, komprimierte Matschsound entgegen, der zum Genuss der Platte nicht unbedingt beiträgt. Die Instrumente schrammeln, dröhnen und klicken irgendwo im Hintergrund, während der Gesang mit kopfschmerzerregenden Höhen alles übertönt. Auch die Gesangsleistung an sich ist recht fragwürdig; Sänger Chuck Ransom, übrigens Hauptsongschreiber der Band, kann mit seinem Organ irgendwo zwischen Jello Biafra und Billy Idol so gar nicht überzeugen, die Vocals sind derart unvariabel, dass sie öfters die Grenze zur Nervigkeit überschreiten. Die Vermutung liegt nahe, dass THE CHUCK NORRIS EXPERIMENT diese Penetranz, die sich auch in den größtenteils superbilligen Riffs fortsetzt, gezielt als Stilmittel einsetzen wollen.
Das Songwriting schwankt zwischen Kopie, Selbstkopie und Langeweile, echte und vor allem eigene Ideen sind hier absolute Mangelware. Es drängen sich förmlich Vergleiche mit der Speerspitze des skandinavischen Rock’n’Roll auf, vor allem, als diese Szene noch im Entstehen und Boomen befindlich war; man fühlt sich zurückerinnert an die grenzenlose Energie, die Bands wie GLUECIFER, THE HELLACOPTERS und TURBONEGRO auf ihren ersten Platten verbreitet haben, nur leider in der Form, dass THE CHUCK NORRIS EXPERIMENT eben jene Energie beinahe vollkommen abgeht. Zugegeben, ein paar der Songs gehen ganz gut rein, bei „Meteor Mama“ (in Form eines überflüssigen Remixes übrigens ein zweites Mal auf der CD enthalten) gelingt dem Frontchuck eine nette Hookline, „Supersized Roller“ hat ein wenig mehr Esprit als der große Rest der Songs, aber damit hat es sich im Großen und Ganzen auch schon mit erwähnenswerten Nummern.
Vom uninspirierten musikalischen Inhalt abgesehen, spricht das Image der Kombo ebenfalls Bände. Auf dem Cover prangt zum grob gefühlten fünfmillionsten Mal ein Totenkopf mit Flügeln, alle Bandmitglieder nennen sich Chuck plus irgendeinem pseudolustigen Nachnamen (okay, bei „Chuck Mojo“ musste ich dann doch schmunzeln), was ja eigentlich seit den RAMONES, wenn auch umgekehrt, ein uralter Hut ist, und als Bühnenoutfits gibt es schwarze Hemdchen mit einem bei MARILYN MANSON geklauten Symbol und roter Krawatte. Man wird schlichtweg das Gefühl nicht los, die Zutaten, sei es beim Sound oder beim Image, schon tausendmal zuvor gehört und gesehen zu haben, und insgesamt wirken THE CHUCK NORRIS EXPERIMENT eher schlechter denn besser als die Summe ihrer zusammengeklauten Einzelteile. „…And The Rest Will Follow“ sollte Skandirock-Fans zumindest nicht davon abhalten, ihre Sammlung zuerst mit den echten Klassikern zu komplettieren.
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