The Chariot - One Wing

Review

Wie schnell die Zeit vergeht – ganze zehn Jahre ist es schon her, dass Mr. Josh Scogin verkündete, ein Zeichen von Gott erhalten zu haben, woraufhin er seine ehemaligen Arbeitgeber NORMA JEAN verließ und mit THE CHARIOT sein eigenes Projekt zum Laufen brachte – und jetzt liegt mir bereits das fünfte Studioalbum auf dem Tisch.

Groß geändert hat sich nichts, noch immer übt sich Herr Scogin nicht nur als Mathematiker, sondern auch als Religionslehrer und noch immer zeigt er, dass er nicht zu unrecht zu den einflussreicheren Leuten im Mathcore gehört: „One Wing“ wird von komplexem Riffing dominiert, zu dem sich Scogins unverwechselbare Shouts gesellen, aber auch das Fünkchen Eingängigkeit, der Haltegriff, nach dem man zwecks Luftschnappen greifen kann – jene kleine Atempause, die so vielen anderen Bands dieses Subgenres auf dem Weg zum „Most Complex Riffing“-Award abhanden gekommen ist. Garniert wird dieser Mischmasch mal mit Einspielern und Zwischenstücken wie einem Kinderliedchen („Your“), mal mit astreiner Italowestern-Filmmusik, mal mit einem für meinen persönlichen Geschmack ein bisschen ekelig christlich-pathetischen, aber irgendwo auch epischen Sprachsample im Rausschmeißer „Cheek“.

Oder, um es kurz zu machen: Herr Scogin erfindet das Mathcore-Rad auch mit seinem fünften CHARIOT-Album nicht neu, aber er macht das, was er macht, immer noch um Längen besser als viele seiner Kollegen. Komplexität ist eben nicht alles, ein bisschen Eingängigkeit muss in diesem Genre auch irgendwo sein – und das haben THE CHARIOT verstanden. Wenn doch nur alle Missionare mit so guten Alben in der Hinterhand an meiner Haustür klingeln würden … .

07.09.2012
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