The Chant - New Haven

Review

Es wäre vielleicht etwas unfair, THE CHANT als eine Art finnische KATATONIA zu bezeichnen, doch die Parallelen zwischen beiden Bands sind durchaus nicht von der Hand zu weisen. Genau wie die schwedischen Kollegen haben sich THE CHANT seit ihren Gründungstagen immer weiter von ihren anfänglichen Metal-Einflüssen entfernt und spielen mittlerweile einen progressiven, düster-melancholischen Rock. Nachdem „A Healing Place“ im Jahre 2012 allenthalben für starke Kritiken sorgte, steht die Band nun mit dem Nachfolger „New Haven“ in den Startlöchern. Mit stolzen sieben Bandmitgliedern gelingt den Finnen abermals ein Werk, das ohne selbstgefällige Vertracktheit auskommt, in seiner detailverliebten Vielschichtigkeit jedoch einiges zu entdecken bietet.

Der erste Song trägt den Titel „Earthen“ und beginnt mit einem Gitarrenriff, das stark an TOOL erinnert und sich im Vers mit fragilen Vocals und gebrochen gespielten Akkorden abwechselt. Verbreitet wird eine melancholische und sehnsüchtige Stimmung in der sich die nordische Herkunft der Band irgendwie wiederfinden lässt. Das folgende „Minotaur“ baut geschickt ein sphärisches Soundgerüst um das recht simple Hauptriff auf und sofort wird einem bewusst, was für ein Gewinn doch drei Gitarren für eine Band sein können. Es grenzt fast an Folter wie der Song auf eine Explosion zusteuert, die letzten Endes aber ausbleibt. Die kunstvoll aufgebaute Spannung wird bis zum Ende der sechseinhalb Minuten nicht aufgelöst.
In „Playwright“ kommen die Gitarren noch ein bisschen düsterer daher, die Stimmung ist noch etwas gedrückter, der Gesang leidender. Vor allem im ausgiebigen Instrumentalpart erinnert das Lied etwas an Steven Wilsons Nebenprojekt BLACKFIELD. Das folgende „Falling Kind“ beschließt die erste Albumhälfte und ist mit seinem einprägsamen Gitarrenmotiv eine Art kleiner Hit.

Bis hier erlauben sich THE CHANT keinerlei Aussetzer, keine Belanglosigkeiten, keine unnötigen Längen, keine pathetischen Momente. Vier Songs, vier schwermütige Volltreffer. Erste leichte Abnutzungserscheinungen bringt dann erstmals „Drifter“ mit sich. Der sehr reduzierte Song kommt etwas arg bemüht depressiv daher und das Potential der Instrumentalfraktion wird nicht einmal ansatzweise ausgenutzt. Das wäre aber auch schon alles, was sich an (leichter) Kritik üben ließe. „Cloud Symmetry“ profitiert von den wieder etwas metallischeren Gitarren und „Until We Witness“ klingt nach PORCUPINE TREE mit noch mehr 70er-Prog. Zum Abschluss sorgt „Come To Pass“ für einige Shoegaze-Momente und erinnert stellenweise stimmlich an einen OPETH-Song der „Damnation“-Ära.

Wenn man unbedingt noch etwas an „New Haven“ kritisieren möchte, dann allerhöchstens den Veröffentlichungszeitpunkt. Das ist Musik für Stunden voller süßer Melancholie und Nachdenklichkeit, für Wintertage, die um 16 Uhr schon wieder vorbei sind, aber nicht für brutzelnde Steaks und Bier bei 25 Grad im Schatten. Da sich so was aber eher schlecht timen lässt, sollte man dieses großartige Album einfach bei jeder Witterung auflegen und sich von der Vielschichtigkeit der Musik überwältigen lassen. Hier verbinden sich ungekünstelte Emotionen mit echtem musikalischem Talent. Nach „A Healing Place“ überzeugen THE CHANT abermals mit einem klasse Album.

 

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25.05.2014

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1 Kommentar zu The Chant - New Haven

  1. Master sagt:

    Das hört sich ja wirklich wie eine Kopie von Katatonia an. Nur etwas seichter und softer. Metal würde ich es nicht mehr nennen.
    Ist ganz nett, jedoch stört mich dann doch die komplett fehlende Eigenständigkeit. Das ist mir zu sehr gewollt von Katatonia kopiert. Der Sänger versucht mit aller Gewalt die gleiche Intonation hinzubekommen. Hat aber eine deutlich schwächere Stimme als das Vorbild.

    5/10