Textures - Phenotype

Review

Galerie mit 8 Bildern: Textures - Euroblast Festival - The Ninth Coming

TEXTURES aus dem niederländischen Tilburg (nebenbei auch Ausrichtungsort des großartigen Roadburn-Festivals) sind mittlerweile auch eine Weile dabei. Das Debütalbum „Polars“ hat schon satte 12 Jahre auf dem Buckel und nahezu eine Art Klassikerstatus inne. 2003 gaben die Holländer damit Impulse für ein Subgenre in den Kinderschuhen, zu dessen prominentesten Vertretern heute wohl Bands wie BETWEEN THE BURIED AND ME zählen. Progressive Metal modernster Ausrichtung, mit vielen Core- und vereinzelten Djent-Elementen heißt die Stoßrichtung seitdem, vielschichtig, komplex und anspruchsvoll. Durchaus verzeihlich, dass der klassische Zwei-Jahres-Rhythmus da schwer einzuhalten ist: „Phenotype“ ist erst das fünfte Album in der 14-jährigen Bandgeschichte. Aber wer damals in Biologie aufgepasst hat, der weiß, dass der Phänotyp sein Gegenstück im Genotyp hat. Bereits 2017 wird „Genotype“ das Quasi-Doppelalbum komplettieren, aber bleiben wir zunächst bei der ersten Hälfte.

Dass bei TEXTURES ein paar sehr talentierte Musiker spielen, muss wohl kaum noch extra betont werden. Die spielerischen Fähigkeiten der hier Beteiligten befinden sich auf allerhöchstem Niveau und folgerichtig steht und fällt ein TEXTURES-Release allein mit der Schlüssigkeit und Qualität der Kompositionen.

Den Anfang macht „Oceans Collide“, das überwiegend die Djent-Schiene fährt, ohne aber die ganz schrägen Takte und polyrhythmischen Spielereien auszupacken. Mehr BTBAM als MESHUGGAH. Kein schlechter Song, vielleicht hätten es nicht die vollen sechs Minuten sein müssen. „New Horizons“ gelingt im Anschluss ein poppiger, aber atmosphärischer statt kitschiger Einstieg und auch der Song als Ganzes kommt abwechslungsreicher daher. Die Melodieführung ist mehr im Progressive Rock verwurzelt und der Klargesang ist ein willkommenes Positivbeispiel im extremen Metal(core). „Shaping A Single Grain Of Sand“ zündet nicht ganz so gut. Etwas abrupt wirkt der Übergang zwischen abgehacktem Staccato-Riffing, Geschrei und sphärischem Chorus, zu vorhersehbar der Songaufbau.

Mit „Illuminate The Trail“, das die Band bereits vorab zum Hören zur Verfügung stellte, gelingt der erste richtige Volltreffer. Hier hält der Spannungsbogen über die vollen sieben Minuten und ein unerwartetes Break zur Songmitte leitet das epische Finale des Songs ein. Kurz fragt man sich ob der majestätischen Gitarrenteppiche, ob diese Band nicht vielleicht häufiger auf die manchmal etwas bemüht wirkenden Djent-Einschübe verzichten sollte. Definitiv verzichten können hätte man auf „Meander“. Das kurze Drum-Zwischenspiel mäandert tatsächlich nur und baut auch nur bedingt Spannung zum folgenden „Erosion“ auf. Die perkussiven Spielereien ließen sich hier als kleine GOJIRA-Verbeugung verstehen, dabei bleibt es aber dann auch.

„Phenotype“ zeigt eine Band, die in der Lage ist, all ihre Genre-Versatzstücke perfekt zu reproduzieren und zu sehr soliden bis ziemlich guten Songs zusammenzufügen. Ein bisschen mehr Mut würde man sich von einer Band solchen Formates stellenweise aber doch wünschen. Gerade die Core-Elemente klingen oft mehr nach lieb gewonnener Routine als durchdachter Song-Zutat und so ist es vor allem das nicht ganz ausgenutzte Potential, das ein bisschen ärgerlich ist. Man darf trotzdem oder gerade deshalb gespannt sein auf „Genotype“. Es soll sich beim im nächsten Jahr kommenden Nachfolger um einen einzigen 45-minütigen Track handeln.

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28.01.2016

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