„Shock“ schreiben TESLA ihrem neuen Album vorsorglich direkt auf die Zwölf. Denn ihre innige Umarmung mit Phil Collen von DEF LEPPARD hat nicht nur tiefe Spuren hinterlassen, sondern damit auch etwas ziemlich Aufwühlendes an sich. Wenigstens phasenweise. Dessen mussten sich die älteren Herren bewusst gewesen sein.
Wobei klarzustellen ist, dass gegen DEF LEPPARD im Prinzip nichts einzuwenden ist. Nur sind TESLA (wenigstens für Eingeweihte) die wuchtigste und trockenste aller als Hair Metal missverstandenen Heldenbands der Achtziger und haben als solche zurecht Milliarden verkauft. Und nun versetzen sie ihre Seele an den Balladen-und-Bombast-Mephisto Collen?
„Shock“! Schwerenot.
Zum Teil schon. Der Mann hat offenbar nicht nur produziert, sondern auch Einfluss auf das Songwriting gehabt. Und zwar nicht im Sinne der coolen Fist-in-the Air-Hymen-Rocker seiner Band, eher der anderen. So schlingert „Shock“ in den seichtesten und damit abgründigen Momenten an der polierten Schwanzspitze des Leoparden durch die Hintergrund-Hölle des Nachmittagsradios („California Summer Song“). Und verfehlt auf der Plastik-Kirmes der Streicherballaden das Konterfei des guten BRYAN ADAMS beim tauben Tonschießen auch noch um einiges („We Can Rule The World“). Wobei das Ding im Gegensatz zu „Forever Loving You“ immerhin noch ein veritabler Guilty-Pleasure-Ohrwurm ist.
Doch TESLA bleiben Helden …
Allerdings ist „Shock“ trotz der genannten hochtnotpolierten Substanzlosigkeit insgesamt immer noch ein ordentliches, zum Teil ziemlich gelungenes Teil. Die 35 Jahre Brutto-Erfahrung lassen TESLA nicht ganz entschweben, das Können von Sänger Jeff Keith, Gitarrist Frank Hannon und ihren Mitstreitern erdet ihr neuntes Studio-Album letzten Endes doch immer wieder – und verhindert die flächendeckende Verhinderung guter Stücke.
Der Opener „You Won’t Take Me Alive“ zum Beispiel ist ein griffiger und zupackender Rocker mit aufjaulender Gitarre. Ähnliches gilt für den Titelsong. „The Mission“ spielt gekonnt mit leiser Strophe und entspannter Melodie gegenüber umrifftem Refrain. Und auch „The Mission“ lässt neben seinem „Ahahaha“ schneidige Leads auf Verzerrtes treffen. Anderes ist zumindest gefällig.
Also: „Shock“ ist alles in allem durchaus das Gegenteil des sprechend betitelten Vorgänger-Werkes „Simplicity“. Werden die wattigsten und damit am härtesten zu konsumierenden Stücke unauffällig weggeskipt, bleibt dennoch eine gute Handvoll Songs, die man mindestens als Fan sehr gern nimmt. An „Mechanical Resonance“ oder „Psychotic Supper“ sollte allerdings währenddessen nicht zu ausgiebig gedacht werden.
Geneigte Fan-Wertung.
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