Von Gastautor Max Rensch
Der Kaiser ist gestorben und nun gilt es ihm auch für das Jenseits mit einer Armee zu versorgen. Also Ärmel hochkrämpeln, die Hände leicht anfeuchten und – warten.
Bei dem doch recht komplexen Gesellschaftsspiel TERRAKOTTA ARMEE von Przemysław Fornal und Adam Kwapinski (LORDS OF HELLAS, NEMESIS, FROSTPUNK), erschienen bei Giant Roc, schlüpfen wir in die Rolle eines aufstrebenden Handwerkers, der sich durch geschicktes Platzieren von Tonsoldaten in der Grabstätte von Kaiser Qin Shi Huang besonders viele Siegespunkte erhofft.
Vom Runden zum Eckigen
Dieses Spiel lässt sich grob in zwei Teile aufteilen. Zu einem Teil ist es ein ziemlich cleveres „Worker-Placement“ auf einem Rad, zum Anderen ein ausgefuchster „Area-control“-Mechanismus mit ziemlich netten Plastikminiaturen.
Das Rad besteht aus drei Ringen, die wiederum in zwölf Sektionen unterteilt sind. Ihr wählt reihum eine freie Sektion aus, platziert euren Arbeiter und führt von innen nach außen auf jedem Ring eine Aktion aus. Gefällt dir nicht die Auswahl, kannst du vorher für ein paar Münzen die Räder um eine Position drehen und schon eröffnen sich dir ganz neue Möglichkeiten. Die Aktionen können dabei sehr simpel sein wie „erhalte Münzen“ oder „Ton“. Es gibt aber auch eindrucksvollere Aktionen wie das Erwerben von passiven Fähigkeiten und gleichzeitig Einkommen für die nächste Runde. Dann gibt es die eher komplexen Aktionen, die dich endlich die schon erwähnten Soldaten aufs Spielbrett stellen lassen. Hier gibt es jeweils vier verschiedene Haupt- und unterstützende Figuren. Stattest du diese mit zusätzlichen Waffen aus (in Form von Plättchen, die einfach umgedreht werden) kann ein bestimmter Hauptsoldat noch zusätzlich einen Bonus auslösen wie „erhält für jeden freien Platz einen Punkt“. Da kommen wir dann auch direkt zum Area-Control Mechanismus, der nicht nur für Präsens der eigenen Soldaten punktet sondern auch für eine Dominanz eigener Figuren auf dem Brett. Das zu bespielende Feld ist 7x7Felder groß und die platzierten Soldaten liefern während und zum Ende die Partie Punkte. Besonders am Schluss liefert TERRAKOTTA ARMEE einen spannenden Twist. Gleiche Hauptsoldatentypen bilden eine Gruppe, die jedem Spieler der einen Soldaten der Gruppe beigefügt hat Punkte gibt und diese werden mit der Anzahl an Spielern multipliziert die sich an der Gruppe beteiligt haben.
In Klartext: du willst die meisten Soldaten eines Typs haben aber deine Mitspieler sollen ganz aus Versehen nur einen auch darzustellen. Tut dir jemand den Gefallen? Natürlich nicht.
Ich kann hier keine umfassende Regelerklärung bieten und einiges muss auf der Strecke bleiben. Der Ton zum Beispiel, der zwischen den Runden austrocknet und wieder befeuchtet werden muss oder deine Arbeiter, die befördert werden können und somit besetzte Felder doch besetzen können. Nur kurz habe ich die Unterstützenden Soldaten erwähnt. Aber um eine Idee zu kriegen, möchte ich das Pferd kurz skizzieren, denn dieses streckt die unterstützte Figur auf drei Felder. Das kann sehr kritisch sein, weil eventuell so Gruppen verbunden werden oder noch viel besser: Gruppen werden verhindert.
Leider trifft nicht jeder Ton
Ein komplexes Worker-Placement-Area-Control-Spiel ohne Würfel und ich raste nicht komplett aus? – Nun das liegt genau an zwei Faktoren: Das Spiel ist leider zu lang für dass, was es tut. Hier hätten locker 2-3 Runden weniger, zu mehr Spaß geführt. Dazu kommt dann leider die ewige Wartezeit zwischen den Aktionen. Das liegt nichtmal an der Wahl deiner Mitspieler, sondern du kannst noch so schnell im Köpfchen sein und innerhalb von wenigen Minuten den perfekten Zug ausgeklügelt haben, aber wenn der Spieler vor dir das Rad genau in die andere Richtung dreht und dein brillanter Plan innerhalb einer grausam kurzen Handbewegung vernichtet wird, setzt nach einer Schockstarre das große Grübeln ein. Das nervt einfac und in der zweiten und dritten Runde nervt es auch noch! Irgendwann beginnst du einfach nicht mehr zu planen und genau das ist der Punkt, an dem du nur noch wartest. Kann ich dir das Spiel empfehlen? Leider kann ich das nicht ohne ein dickes ABER tun, obwohl es einiges richtig macht. Zum Beispiel ist die Verbindung der Mechanismen mit der Thematik ist sehr erfrischend. Optisch sticht die sensationelle Aufbewahrungsbox der Miniaturen hervor, welche gleichzeitig wichtige Regeln zeigt, einen Überblick der Gesamtanzahl der restlich verfügbaren Minis verschafft und Aufbewahrung zu gleich ist. Im Endeffekt kommt es aber vorallem auf deine Geduld an und ob andere Spiele nicht vielleicht doch einfach in der Zeit mehr Spiel bieten und weniger Warten. Andere Spiele fragst du? Ja, zum Beispiel TEKHENU – ähnlich kompliziert mit Area-Control und zu mindestens eine Rad-ähnliche Action-Selection. Aber mit einfach mehr Spielzeit.
Spieleranzahl: 1-4 geduldige Töpfermeister
Spielzeit: 90-120 Minuten
Verlag: GiantRoc
Sprachen: deutsch
Festivaltauglichkeit: nein
Musikempfehlung: Um die Wartezeiten zu überbrücken, darf es hier auch gerne mal Prog sein. Vielleicht mal wieder etwas DREAM THEATER gefällig?
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