Tenhi - Saivo

Review

Der Entstehungsprozess von „Saivo“ zog sich nahezu endlos hin: Vier lange Jahre arbeiteten TENHI an ihrem neuen, mittlerweile fünften Album, änderten immer wieder Arrangements um, nahmen Teile der Songs neu auf, verwarfen anvisierte Veröffentlichungstermine. Bei der Band stand der Wunsch im Vordergrund, ein möglichst stimmiges Werk zu erschaffen, auch wenn das eben seine Zeit benötigt. Auf der anderen Seite gab es eigentlich immer das Grundvertrauen, dass TENHI einmal mehr ein komplettes und vor allem ergreifendes Werk erschaffen würden.

Nun ist „Saivo“ also da, rechtzeitig zur dunklen Jahreszeit, wo die Tage kurz sind, die Natur langsam erstarrt und sich der Blick nach innen wendet. Und anders als auf den Vorgängerwerken folgt das Konzept von „Saivo“ diesem Blickwinkel, und die Musik bezieht sich nicht direkt auf die umgebende Natur. Saivo ist in der Glaubenswelt der Sami eins der Totenreiche, das man nur durch einen Zugang von doppelbödigen Seen erreicht. Dieses Totenreich ist ein Spiegelbild dieser Welt, wo die Verstorbenen ihr alltägliches Leben weiterführen, zufrieden und in Gesellschaft ihrer Verwandten und Vorfahren.

Analog zu diesem neuen thematischen Ansatz haben TENHI die Arrangements leicht angepasst: Im Vordergrund steht nach wie vor die sanfte Instrumentierung mit Gitarre, Klavier und Schlagzeug, zu der sich diesmal häufig Streicher gesellen. Während der ruhige und sonore Gesang oftmals von mehrstimmigen Chören ergänzt wird. Dabei bleibt aber die Musik von TENHI stets intim: Hier gibt es keine großen Gesten und kein Zierrat. Auch wenn ein Song wie „Haaksi“ durchaus vehement erscheint, ohne aber darin einen Selbstzweck zu erfüllen. Viele Dinge passieren wie beiläufig, nichts drängt sich gewollt in den Vordergrund, auch nicht die feinen Melodien und Harmonien, die auftauchen und wieder verschwinden. Trotzdem ist das ganze Album in seinen 70 Minuten schlüssig und spannend aufgebaut.

„Saivo“ ist melancholisch, in sich ruhend und introvertiert. Und wie immer schaffen es die Finnen, durch ein Minimum an technischem Einsatz den Raum zwischen den Tönen hörbar zu machen. Bei ihnen fangen die Klänge an zu vibrieren, zu pulsieren und zu atmen. Nur fordert das vom Hörer einiges ab – „Saivo“ funktioniert nicht, wenn man das Album nebenbei hört. Es lässt sich seine ganze Schönheit nicht durch beiläufige Aufmerksamkeit entlocken. Man muss sich vielmehr auf diese Sanftheit und Entschleunigung einlassen, und dann gibt die Musik unheimlich viel zurück. Eindringlicher kann solche Art von Musik nicht sein.

22.12.2011

- Dreaming in Red -

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