Die beiden US-Amerikaner von TEMPEL erwecken auf ihrem Zweitling „The Moon Lit Our Path“ durchaus den Eindruck, als seien sie sich selbst nicht immer ganz sicher, welchen stilistischen Pfaden sie denn folgen wollen. Was zunächst wie ein Kritikpunkt klingt, ist tatsächlich ein ungemein sympathischer musikalischer Ansatz – und warum? Weil sie es können. Will sagen: TEMPEL gelingt es, sich innerhalb der fünf instrumentalen Stücke musikalisch nie auf lediglich einen Stuhl zu setzen und trotzdem sowohl klanglich als auch atmosphärisch erstaunlich homogen zu agieren. Was das Duo zu unangenehmen Gegnern bei der „Reise nach Jerusalem“ machen würden, sorgt mit „The Moon Lit Our Path“ für durchaus spannende, wenn auch nicht immer wirklich kurzweilige 54 Minuten.
Was sind nun aber – in erster Näherung – die Stühle, zwischen die sich die Herren Wenzel und Corle setzen? Auf der einen Seite wäre da der Black Metal, den die beiden in sehr getragener und epischer Manier zelebrieren – sicherlich nicht so nordisch wie sich mancher Leser erhoffen mag (Phoenix, Arizona, ist eben nicht Bergen!), und ich wäre auch mit dem Attribut „traditionell“ sehr vorsichtig, aber es gelingt TEMPEL schon, atmosphärisch ziemlich erfolgreich nach Skandinavien zu schielen. Auf der anderen Seite – und das ist eigentlich schon wieder eine ganze Stuhlreihe für sich – wäre da der Post Metal, den Kollege Kostudis bereits in seinem Review zum Vorgänger „On The Steps Of The Temple“ herausstellte. Böse Zungen könnten jetzt behaupten, dass „Post Metal“ eigentlich „nur“ heißt, dass vermeintlich klassische Stilarten in moderne(re)n Variationen serviert werden – und in gewisser Weise stimmt das ja auch: TEMPEL verstehen sich auf Doom Metal, auf folkige Einflüsse, auf psychedelische Garnituren (die hin und wieder nach PINK FLOYD klingen) – und vor allem wissen sie, wie man all diese Einflüsse in ein zeitgemäßes Gewand kleidet, das außerdem noch mit den schwarzmetallischen Aspekten des Gebräus namens „The Moon Lit Our Path“ harmoniert.
So weit, so spannend. Leider gelingt es den beiden Musikern noch nicht auf Albumlänge, ihre exzellenten Ideen in eine Form zu gießen, die durchgehend Spannung erzeugen kann – so haben sich an einigen Stellen durch fehlende Dynamik und zu häufige motivische und instrumentale Auf-der-Stelle-Treterei doch erhebliche Längen eingeschlichen. Das liegt gar nicht so sehr daran, dass TEMPELs Musik komplett ohne Gesang auskommt – der würde meines Erachtens sogar eher stören – sondern wirklich daran, dass so mancher Ansatz ein wenig zu sehr ausgewalzt wird. Ich bin überzeugt, dass „The Moon Lit Our Path“ ruhig zehn Minuten kürzer sein dürfte – und damit wahrscheinlich einen insgesamt besseren Eindruck hinterlassen würde. Denn: Alles, was TEMPEL in den fünf Songs aufbieten, agiert für sich genommen auf so hohem Niveau, dass „The Moon Lit Our Path“ ohne Probleme auch acht oder neun Punkte einfahren könnte. Könnte – falls das Gesamtbild mehr Dramaturgie und Dynamik aufbieten könnte. So hinterlässt der Fünftracker einen leichten Nachgeschmack davon, dass TEMPEL ihr Potential noch nicht vollends ausschöpfen können – das ändert jedoch nichts daran, dass „The Moon Lit Our Path“ ein empfehlenswertes Album für Anhänger moderner schwarzmetallischer Klänge ist.
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