Teethgrinder - Dystopia

Review

Soundcheck August 2022# 13 Galerie mit 19 Bildern: Teethgrinder - Summer Breeze Open Air 2019

Ein Grindcore-Album mit elf Tracks, das fast 50 Minuten auf die Uhr bringt … Für Puristen natürlich ein Albtraum, aber spätestens seit Bands wie NAPALM DEATH längere Trackspielzeiten und damit längere Alben im Grind salonfähig gemacht haben, dürfte eine solche Bilanz jetzt auch nicht so erschreckend sein. Aber NAPALM DEATH sind eben NAPALM DEATH und haben ihren Grind entsprechend stilistisch aufgestockt. Die hier gegenständlichen TEETHGRINDER dagegen sind noch etwas tiefer im Grind verwurzelt, klingen dank ihrer schwarzmetallischen Würze aber auf eigene Weise biestig und kalt, was sich bereits auf dem Vorgänger „Nihilism“ als effektiv erwiesen hat. Also alles eigentlich im Lot beim neuen Album „Dystopia“ … wenn eben nicht der Hang zur Überlänge wäre.

TEETHGRINDER ziehen ihre Songs etwas zu sehr in die Länge

Weltuntergangsstimmung hin oder her: TEETHGRINDER packen ihre Hörer mit jedem Moment, der seinen Hörern nicht das Gesicht gewaltsam umarrangiert, einfach nicht konsequent genug bei den Klöten/Eierstöcken. Das eröffnende „Ascendance“ lässt ein Sample über eine Noise-artige Feedback-Wand spielen, die sich aber wie Gummi zieht. Das gleiche gilt für das achtminütige (!) „Cloaked“, das die Zeit der Hörerschaft viel lieber verschwendet und sie mit repetitiven Tritoni langweilt, anstatt sie textgemäß wütend im Viereck springen zu lassen. Es gibt Bands, die so etwas drauf haben, aber die Niederländer hier gehören nicht dazu. Auch der abschließende Titeltrack kommt auf über acht Minuten, beginnt feist und vielversprechend, aber ebbt in Sachen Intensität dann empfindlich ab.

Besser stellen sie sich beim immerhin noch sechsminütigen „Our Failing Species“ an, das klar in zwei Akte unterteilt ist: einer Prügelorgie und ein WAKE-artiger Blackened-Sludge-Abgang – geht doch! Aber die Stärke der Niederländer liegt ohnehin bei den maximal vierminütigen Wüterichen, bei denen man wild mit den Armen schlingern und Backpfeifen verteilen möchte. „As I Believe The World To Be, So It Is“ stellt sich in dieser Hinsicht noch am geschicktesten an mit seinen Feedback-lastigen Riffs, die das Blut ordentlich zum Kochen bringen. Im Kontrast zur enormen Aggressivität, welche die Niederländer auf diesem Track zur Schau stellen, funktioniert der heftig groovende Downtempo-Part gleich viel besser.

In kurzen, wütenden Portionen mischt „Dystopia“ dennoch gekonnt die Gesichtsästhetik auf

„Blood Ritual“ kommt auch richtig gut, hier treffen sie den atmosphärischen Nagel dank schwarzer Einfärbung mal richtig auf den Kopf und gehen mit schneidenden Lead-Gitarren konsequent in Richtung Magengrube. Zwar mit vier Minuten wieder ein Stück zu lang, aber dennoch effektiv. Die kleinen, gemeinen Songs sind diejenigen, die bei „Dystopia“ am ehesten hängen bleiben, wobei „klein“ relativ ist. Lediglich „Birthed Into Suffering“ unterschreitet die Drei-Minuten-Marke, der Rest läuft länger und wird dabei leider nicht immer mit den orkanartigen Entladungen ausgestopft, wie man sie von TEETHGRINDER am liebsten um die Ohren getrümmert bekommt. Ihre Liebe zu Samples und monotonen Atmo-Spielchen nimmt auf „Dystopia“ leider etwas überhand.

Eine Message ist zwar schön und gut, aber schöner wäre es, wenn man sie im Grind rücksichtslos mit dem Vorschlaghammer verabreicht bekommen würde. Wenn die Niederländer aber zuhauen, dann richtig und mit Schmackes, sodass man mit diesen Abstrichen durchaus doch noch die volle Grind-Packung serviert bekommt, wenn man mit etwas Leerlauf in der Intensität leben kann.

04.08.2022

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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2 Kommentare zu Teethgrinder - Dystopia

  1. ClutchNixon sagt:

    Für mich haben die von dir monierten Längen im besten Fall etwas Meditatives. So auch hier. Ein feines Release im ohnehin starken Grind – Jahr ’22.

    8/10
  2. elLargo sagt:

    Ich kann Grindcore viel abgewinnen, nur hätte ich bei dem Cover, der mir unbekannten Band und Punktevergabe nicht in den Song reingehört. Clutch‘s Bewertung hat mich davor bewahrt eine geile Band zu verpassen. 8 Pkt gehen bei dem Track oben klar.