Tarja - The Brightest Void

Review

Für jede halbwegs talentierte und hart arbeitende No-Name-Band muss es sich wie ein harter Schlag ins Gesicht anfühlen: Da wird aus Überbleibseln einer Aufnahmesession und einigen Covern ein liebloses Release zusammengeschustert und ein riesiger Promo-Apparat angeworfen. Da werden Tausende von CDs und Platten gepresst und auf den Markt geschmissen. Da wird eine dicke Tour aufgesetzt. Warum? Weil sich der Name Tarja Turunen gut verkaufen lässt. Im Falle von „The Brightest Void“, dem aktuellsten Werk der finnischen Ex-NIGHTWISH-Fronterin, ist dabei der Inhalt – konkreter: die Musik – erst einmal völlig zweitrangig.

Denn was als opulenter Full-Length-Vorbote des im August erscheinenden vierten TARJA-Albums „The Shadow Self“ angekündigt wurde, entpuppt sich schnell aus äußerst laue Luftnummer. Dabei erfüllt die Platte natürlich die gängigen produktionstechnischen und handwerklichen Standards – klar, hier ist keine Schülerband, sondern eine abgekochte Profi-Truppe am Werkeln. Das ändert aber nichts daran (vielleicht ist es sogar der wesentliche Grund dafür), dass „The Brightest Void“ eine fast durchweg belang- und konzeptlose sowie – vor allem – nichtssagende Platte geworden ist.

Warten der bereits vorab veröffentlichte Opener „No Bitter End“ und das anschließende „Your Heaven And Your Hell“ noch mit einer Handvoll halbwegs griffiger Riffs auf, ergeht sich die Scheibe im weiteren Verlauf in aufgeblähte, formlose Dudelei, bei welcher wenig bis gar nichts hängen bleibt. Durchaus aufhorchen lässt allerdings das unmotivierte Geknurre Michael Monroes (Ex-HANOI ROCKS) in Verbindung mit Frau Turunens Hintergrundgeflöte in letztgenanntem Track – allerdings nur, weil es so schwer zu ertragen ist. Gleiches gilt für den saxophongeschwängerten Ethno-Part, der gegen Ende des Songs serviert wird und den zähen Kampf mit dem Titel auf unnötige fünfeinhalb Minuten ausdehnt.

„Shameless“ wiederum wühlt tatsächlich ziemlich schamlos im Metal-/Rock-Standardbaukasten herum, und das Gastdrumming Chad Smiths (RED HOT CHILLIPEPPERS) in der Schlager-Metal-Nummer „Eagle Eye“ besitzt bestenfalls überschaubaren musikalischen Mehrwert. Überhaupt: „Aaaaaaadlerauuuuge, Aaaaaaadlerauuuuge…„. Es ist phasenweise schon arg dünn, was Turunen (oder wer auch immer dafür verantwortlich ist) textlich anbietet. „I found a way to feel alive…over the lands that we have seen…when you have burned so deep within…“ Wahnsinn, wirklich sehr „deep“. Ebenso wie der Schlusspart des unsäglich lahmen Bond-Songs „Goldfinger“ (der phasenweise wie eine Parodie dahertönt), in dem Turunen mit kleisterndem Pathos die geistreichen Textzeilen „This heart is cold / He loves only gold / Only gold / He loves gold / He loves only gold / He loves gold / Only gold.“ intoniert. Für den Text kann die Finnin natürlich nichts, peinlich klingt es trotzdem.

Letztlich liefern TARJA mit „The Brightest Void“ eine ganz, ganz schwache Veröffentlichung ab, die lediglich bei den dezent elektronisch angehauchten Stücken im zweiten Drittel („An Empty Dream“, „Witch Hunt“) so etwas wie ein „Niveau“ erreicht. Auch stimmlich ist die finnische Metal-Elfe nicht immer auf der Höhe (u.a. „Your Heaven And Your Hell“). Die optische Aufmachung des Releases passt sich seiner inhaltlichen Qualität dabei übrigens bestens an. Dafür ist dem lieblos gestalteten Artwork aber zu entnehmen, welche Klamottenmarke Tarja trägt und welche „Accesories“ (das schlägt der Grafiker wohl lieber noch mal nach). Fazit: „The Brightest Void“ („Die glänzende Leere„) wird seinem Titel immerhin zur Hälfte gerecht – das mit dem Glänzen klappt noch nicht so richtig.

10.06.2016
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