Sylvan - Presets

Review

Nicht mehr ganz so ruhig wie auf „Posthumous Silence“, dennoch sehr getragen, geht es auf dem parallel entstandenen sechsten Album der 1991 gegründeten, seit 1995 unter SYLVAN firmierenden Hamburger zu. Sicherlich wird einigen Fans das Fehlen knackig-harter Songs nicht so sehr munden, doch wenn man diesen Hintergedanken ausblendet, bleibt ein wunderbar entspannendes Sammelsurium voller großer Melodien und Spannungsbögen, welches unter die Haut geht.

Der atmosphärische Progrock der Hanseaten atmet auf eigenständige und moderne Weise den Spirit der klassischen Vertreter wie beispielsweise PINK FLOYD, alten GENESIS und MARILLION, und obwohl die Songs selbst oftmals gar nicht so untechnisch sind und häufig eine Menge Komplexität innehaben, wirken sie äußerst eingängig und entwickeln regelrechten Ohrwurmcharakter. Flirrende Gitarren-/Keyboard-Fäden spinnen ein zartes, fragiles Netz, während die Rhythmussektion meist die Akzente setzt und nur selten in den Vordergrund rutscht. Wie eine Spinne im Hinterhalt. Marco Glühmanns einfühlsame, angenehme und gleichermaßen starke wie zerbrechliche Stimme veredelt „Presets“ perfekt, und gerade diese Sprünge zwischen Brust- und Kopfstimme bekommen nur wenige Sänger so gut hin wie der SYLVAN-Fronter – man höre sich nur mal den ergreifenden Opener „One Step Beyond“ oder „Transitory Times“ an.

Die vielschichtige Produktion lässt die musikalischen Kristalle in einem wunderbaren Licht schimmern, und fast wäre „Presets“ ein perfektes Album, wäre da nicht der über zwölfminütige Titeltrack. Zwar war mann von der Band solche Epen eigentlich schon immer gewohnt – bestes Beispiel ist das Epos „Artificial Paradise“ vom gleichnamigen Drittwerk, aber auf diesem Rundling wirkt ein solcher Song fast wie ein Fremdkörper. Gerade der hektische Mittelpart kommt äußerst verstörend, wo man doch gerade so schön abgesackt ist und in den Melodien geschwelgt hat. Versteht mich bitte nicht falsch, denn der Song ist richtig gut – aber er ist irgendwie auf dem falschen Album gelandet. Somit gibt es einen leichten Punktabzug, dennoch ist die Wertung als eine sehr starke Sieben zu verstehen.

10.02.2007

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