Sylvan - Home

Review

SYLVAN aus Hamburg sind längst ein Exportschlager geworden und haben sich im Laufe ihrer Karriere ihre eigene Nische irgendwo zwischen Neo Prog, Art Rock und Pop geschaffen. Darüber hinaus sind sie bekannt dafür, in sich abgeschlossene Werke zu schaffen. So kommt es wenig überraschend, dass „Home“ ein Konzeptalbum ist. Inhaltlich geht es um die Suche nach Heimat und Identität, die in einer aufwühlenden Geschichte geschildert wird.

Bei Betrachten des Line-ups fällt eines sofort auf: Es gibt keinen festen Gitarristen mehr. Stattdessen wirk Jonathan Beck als Gastmusiker mit. Dabei scheint es sich jedoch nur um eine Formalität zu handeln, da „Home“ trotz allem recht rockig ausgefallen ist. Im Mittelpunkt stehen aber die imposanten Keyboard-Arrangements von Volker Söhl sowie der Gesang von Marco Glühmann. Dabei legen SYLVAN sowohl Wert auf atmosphärische und emotionale Dichte, als auch auf Abwechslung, sodass die Musik mal schwerelos vor sich hin zu tänzeln scheint, sich mal zu hymnischen Höhenflügen verleiten lässt und mal aggressiv hervorbricht.

Da es sich bei „Home“ um ein Konzeptalbum handelt, ist es natürlich nicht ganz einfach, einzelne Stücke gesondert zu besprechen, da alles sowohl inhaltlich wie auch musikalisch irgendwie zusammenhängt. Melodien werden vorgestellt, variiert und immer wieder in Erinnerung gerufen und bestimmte Momente der Geschichte lassen SYLVAN zu späteren Zeitpunkten Revue passieren. Ein melodisches Thema von „The Sound Of Her World“ findet sich beispielsweise in „All These Years“ wieder. Insgesamt wirkt „Home“ weniger wie eine Sammlung von Musikstücken, sondern eher wie eine musikalische Erzählung, die wiederkehrende Themen und Impressionen nicht nur textlich sondern eben auch in Form von Musik behandelt. Emotionen wie Sehnsucht, Geborgenheit, Hoffnung aber auch Trauer, Zorn und Verzweiflung finden ihre musikalische Entsprechung. Alles wird in opulenter, fast schon cineastischer Art und Weise dargeboten und virtuos in Szene gesetzt. Als Anspieltipps eignen sich „In Between“, „Black And White“, „Off Her Hands“ und „Shine“ um sich ein Bild von der musikalischen Bandbreite des Albums zu machen.

Eine Sache stört dann aber doch: Der Gesang von Glühmann klingt zwar sehr gut, aber nicht perfekt. Zwar trifft er nahezu jeden Ton, den er anpeilt, aber zuweilen versteht man einfach nicht, was er sagen respektive singen will. Einerseits liegt das an der teilweise gewöhnungsbedürftigen Betonung mancher Worte, andererseits nimmt sein deutscher Akzent an einigen Stellen auch Überhand. Das passiert nur relativ selten und wäre an sich kein Problem, aber da hier ein handlungsorientiertes Konzeptalbum vorliegt, ist dieser Umstand doch ärgerlich. Ohne Textvorlage ist es streckenweise etwas schwer, der Geschichte zu folgen. Glücklicherweise tut das dem Zusammenspiel von Musik und Gesang aber keinen Abbruch.

Abgesehen davon ist „Home“ ein durchweg gelungenes Album geworden, das allerdings die volle Aufmerksamkeit des Hörers für sich einfordert. Mal eben schnell auf der Fahrt zur Arbeit hören ist da nicht drin. Stilistisch sind SYLVAN schwer einzuordnen, am ehesten kann man den Sound von „Home“ als Mischung aus Elementen von MARILLION, DREAM THEATER und PORCUPINE TREE bezeichnen, die kunstvoll ineinander verwoben und mit einer ordentlichen Prise Eigenständigkeit verfeinert worden sind. Ein weiteres Prog-Highlight des noch jungen Jahres.

09.02.2015

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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