Sylosis - Cycle Of Suffering

Review

Eine vergleichsweise lange Wartezeit liegt zwischen dem letzten Album „Dormant Heart“ und dem hier vorliegenden, neuen Scheibchen „Cycle Of Suffering“ der britischen Modern Thrasher SYLOSIS. Der Grund laut Presseinfo: Bandkopf Josh Middleton habe sich selbst eine Pause gönnen müssen, um sich kreativ zu erfrischen. Unter anderem habe er dabei versucht, sich von zu lang werdenden und dadurch überfrachteten Songs zu distanzieren. Zwar hatten die Tracks der Briten – zumindest meiner bescheidenen Meinung nach – nie wirklich am eigenen Gewicht zu leiden gehabt, aber gegen kürzere, knappere Songs hat Unsereins selbstredend nichts einzuwenden, wenn sie dafür umso mehr Intensität mitbringen.

SYLOSIS sind zurück – und sie haben Hunger mitgebracht

„Cycle Of Suffering“ bringt trotz diesem Background den bekannten SYLOSIS-Sound zurück und scheint auch nur geringfügig kürzer zu sein als sein direkter Vorgänger zum Beispiel. Aber am Ende zählt sowieso der Inhalt. Und in der Hinsicht bleiben die Briten verlässlich. Die Grundlage ist eine relativ homogene Mischung aus Thrash, Melodic Death und Metalcore, die in vergleichsweise progressives Songwriting verwoben ist. Die Melodic-Death-Gewichtung hat die Band seit ihren frühen Tagen etwas weiter hochgeschraubt, aber ein einschlägiger Core-Einfluss ist nach wie vor nicht von der Hand zu weisen. Indes liefert Neuzugang Ali Richardson am Schlagzeug einen gelungenen Einstand.

Bevor man als Neuling jedoch versucht ist, die Band aufgrund besagter Core-Schlagseite gänzlich in die entsprechende Schublade zu stecken und die True-Scheuklappen anschließend wieder anzulegen, sollte man sich das Gebotene in gehörter Form definitiv erst einmal zu Gemüte zu führen, wofür sich „Cycle Of Suffering“ dank seiner hohen Qualität als wunderbares Studienobjekt eignet. Denn SYLOSIS liefern mit ihrem fünften Album ein leidenschaftliches und zugleich doch durchweg stimmiges Werk, das sich durchweg den Sinn für Theatralik und Härte bewahrt. Beim daraus resultierenden Balanceakt entsteht so praktisch wie von selbst eine angenehme Dynamik, welche die Platte auch nach mehrmaligem Hören frisch hält und verhindert, dass sie eingleisig fährt.

Die Briten umschiffen die Klischees geschickt

Dabei weicht die Band nicht von ihrem Markenzeichen ab: Durch ihre großen Melodien bauen die Briten dramatisches Momentum auf, das sich in diesen heftigen Parts dann geradezu explosiv entlädt wie in der Hook von „I Sever“. Dass die Rechnung aufgeht, verdanken die Herren ihrem enormen Gespür für das richtige Riff im richtigen Moment, mit dem sie in „Arms Like A Noose“ zum Beispiel zur rechten Zeit fiese Tremolo-Licks injiziert und diese durch dramatische Schläge auch richtig schön in Szene setzt. SYLOSIS wissen einfach genau, wann sie dick aufzutragen haben. Überhaupt scheint sich „Cycle Of Suffering“ so gar nicht auf eine formelhafte Schiene festlegen lassen zu wollen, sondern folgt eher seinem eigenen, musikalischen Weg, immer stilsicher der eigenen Nase nach.

Klar, die Grundlage bleibt wie erwähnt unverkennbar zwischen Thrash, Melodeath und Metalcore verhaftet. Middletons Stimme rückt das Gebilde hier und da vielleicht ein Stück weiter in Richtung Metalcore, woran man sich je nach eigener Disposition erst einmal gewöhnen muss. Seine aggressiven Shouts sind ein deutliches Indiz dessen, fast noch mehr aber sind es seine etwas melodischer dargebotenen Parts, die zum Beispiel in der Hook von „Invidia“ ihren Weg in den Sound hinein finden. Doch peitscht der instrumentale Teil des Sounds denselben mit gewaltigem Nachdruck und enormer Straffheit voran und sorgt dafür, dass sich „Cycle Of Suffering“ zu keiner Zeit in eine musikalische Sackgasse hinein manövriert.

Hochqualitative Handwerkskunst wird bei SYLOSIS richtig eingesetzt

Gut getimte Tempowechsel, ein Sinn für dramatische, packende Melodien sowie pfeilschnelles und wahnsinnig präzises Riffing, das in seinen intensivsten Momenten fast im Fluge zwischen halsbrecherischer Griffbrettakrobatik und furiosem Palm-Mute-Geschrubbe wechselt, setzen hier mehr als nur ein Ausrufezeichen. Das schönste daran ist aber das Songwriting, das die technischen Qualitäten in organisch fließende Stücke einbettet, in denen diese handwerklichen Höchstleistungen nicht dem Selbstzweck anheim fallen, sondern der Dramaturgie des Songs dienen. Dadurch bieten sich viele Möglichkeiten für das Songwriting, überraschende Wendungen zu vollführen.

So können hinter nächsten Ecke abrupte, heftige Breaks, quirlige, technische Licks, atmosphärische Breitwandriffs mit dezenter Post-Metal-DNA im Blut und eingebauter Gänsehautgarantie oder sogar plötzlich einsetzende Stille lauern, welche die Spannung derart in die Höhe treibt dass man es förmlich knistern hören kann. Die zum Teil enorme Härte, mit der dem Hörer diese Stücke um die Ohren gehauen werden, verhindert gleichzeitig, dass die Songs zu prätentiös herüberkommen. Das bedeutet umgekehrt aber auch, dass „Cycle Of Suffering“ keine leichte Kost ist und nicht mal eben im Vorbeigehen genossen werden kann. Schönwetter-Metalheads werden hieran also ein bisschen länger zu knabbern haben.

Geteiltes Leid ist doppelte Freude: „Cycle Of Suffering“ belohnt das Durchhaltevermögen

Der Aufwand lohnt sich aber: Die Briten schaffen durch ihren explosiven Sound in Kombination mit diesen großen, dramatischen Melodien großes, emotionales Kino, das die Wände zum Beben bringt. Die klare Produktion leistet gute Arbeit darin, selbst die kleinsten Details wie die subtileren Synthesizer herauszuarbeiten. Und wie üblich steckt ein zentrales Thema hierhinter, das sich durch die Tracks hindurch zieht. Der Titel verrät es bereits: Es geht um das Leid und dessen durchaus gesunde Rolle im Leben. „Cycle Of Suffering“ zeigt die Briten in gewohnt guter, wenn nicht sogar: bester Songschreiber-Verfassung und verkündet mit stolz geschwellter Brust: SYLOSIS sind zurück – und das im ganz großen Stil.

30.01.2020

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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