Sweet - Full Circle

Review

SWEET waren ja eine der ganz großen Glam-Rock-Bands des populären Rocks vor allem mit Songs wie „Fox On The Run“ oder „The Ballroom Blitz“, die in den Siebzigern Wirbel machten. Die in den Sechzigern gegründete Band hat mit ihren über 50 Jahren bestand (abzüglich einiger Jahre der einstweiligen Auflösung) zwangsläufig einige Personalwechsel durchmachen müssen, wobei die klassische Besetzung abgesehen vom immer noch präsenten Andy Scott mittlerweile verstorben ist [diese „Version“ ist wohl auch unter dem Namen ANDY SCOTT’S SWEET bekannt, Anm. d. Red.].

Um ihn scharte er nach zahllosen Besetzungswechseln und langanhaltenden Live-Aktivitäten nun mit Paul Manzi (Gesang), Tom Cory (Gitarre, Keyboards), Lee Small (Bass) und Adam Booth (Schlagzeug) die Band, mit der nun das Material zum vorliegenden, finalen Album „Full Circle“ eingespielt worden ist – Material im Übrigen, das teilweise bereits seit mehreren Jahren durch das Netz kursiert.

„Full Circle“ – die letzte Runde?

Vom einstigen, jugendlichen Esprit, der auf Werken wie „Desolation Boulevard“ zu hören war, ist heuer natürlich nicht mehr viel geblieben. Das ergibt durchaus Sinn, da diese Art des Glam Rock auch nicht mehr den riesigen Zuspruch hat, auch wenn Bands wie GIUDA die Fahne weiterhin hochhalten. Stattdessen entspricht der Sound einer wenn auch relativ gefälligen Spielweise des stadiontauglichen Hard Rock, deren hauptsächliches Markenzeichen ähnlich wie die Alterswerke von DEEP PURPLE formatfreundlicher, bodenständiger und relativ rund gefeilter Rock ist. Es gibt ein paar kleinere Winke in Richtung der Vergangenheit der Band wie der abschließende Titeltrack, aber zumeist ist man relativ konventionell unterwegs. Anders ausgedrückt: So richtig in die Schlaghose treibt’s einen hier nicht hinein.

Was SWEET auf „Full Circle“ machen, ist letztlich Altherrenrock, der in den Achtzigern bzw. hier und da auch einer fetischisierten Millennial-Interpretation der Achtziger stecken geblieben ist. Es wird auf jeden Fall ziemlich souverän in Szene gesetzt und mit einer guten Portion Heartland Rock gewürzt. Man versucht aber nicht, die Spritzigkeit jüngerer Vertreter wie NESTOR nachzuahmen, sondern präsentiert sich gediegen und relativ entspannt, dahingehend allerdings – so muss man hinzufügen – auch etwas gesichtslos. Paul Manzis Gesang ist glücklicherweise klar und voluminös, sodass ein radiofreundlicher Rock-Sound vermutlich auf der Hand gelegen hat und ihm auch wie auf den Leib geschneidert klingt. Entsprechend sind die Songs meist auf große Stadion-Hooks zugeschrieben und halten dieses Versprechen üblicherweise auch ein, wobei man eine allgemeinverträgliche Menge an Dampf appliziert.

SWEET schließen den Kreis mit Würde

Es fügt sich zu einem eleganten Gebilde zusammen, das sich wunderbar am Stück weghören lässt, ohne irgendwo anzuecken. Das Ganze gerät natürlich etwas formelhaft und berechenbar, hat aber eine enorme Präsenz im Äther dank einer druckvollen, modernen Produktion. In diesem Zuge war es auch weise, die Platte in Sachen Gesamtspielzeit nicht zu weit ausufern zu lassen, denn nach nicht ganz 42 Minuten überquert „Full Circle“ erstmals die Zielgerade. Doch das professionelle Gesamtpaket sorgt dafür, dass „Full Circle“ durchgehend gut ins Ohr geht und sogar ein paar echt packende Momente in petto hat. Hier sticht vor allem „Coming Home“ hervor, eine schmachtende Hymne, die jedoch alles richtig macht und genau die richtigen, emotionalen Knöpfe beim Hörer zu drücken versteht.

So dürften SWEET ihre Fans und generell die Rock-Gemeinde mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurücklassen. Lachend, weil „Full Circle“ ein solides Album geworden ist, und weinend natürlich, weil es eben aller Wahrscheinlichkeit das finale Werk dieser geschichtsträchtigen Formation sein wird, so wenig von ihrem klassischen Lineup auch übrig geblieben sein mag. Man kann zu den gebotenen Rockern gut abgehen und die Balladen genießen, andererseits wäre vielleicht auch ein Abschied in Form der klassischen SWEET – wenn auch nur im Form eines einzelnen Tracks und nicht nur anhand von Referenzen – wünschenswert gewesen, zumal ein Teil des Materials schon ein paar Jahre alt ist. Dann würde das Album auf einem ganz anderen Level funktionieren und sich deutlich frischer anfühlen.

„Full Circle“ ist, in seiner jetzigen Form, daher „nur“ eine gute, runde Sache geworden. Allerdings eine, mit der man als Gelegenheitsrocker nicht viel falsch macht.

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13.09.2024

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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1 Kommentar zu Sweet - Full Circle

  1. Werner sagt:

    Hallo Michael,

    bei dir steht Zitat:
    Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.
    Zitat Ende

    Da fragt mich, wieso du ausgerechnet die neue Sweet reviewst?

    Die paßt doch gar nicht in dein Beuteschema!

    Für mich war das dieses Wochenende eine der besten Veröffentlichungen, nachdem meine Hoffnungen in die neue Nightwish, Vision of Divine oder Charlotte Wessels und andere – von recht langweiligen Tonfolgen enttäuscht wurden.

    OK – von Sweet hab ich mir nicht viel erwartet, bin kein Fan der Truppe und kenne kaum was von denen.
    Aber die Scheibe überraschte mich, finde die saugut gemacht – auch von der Produktion – die schlägt hier ein und läßt das Dach wackeln und den Kater freudig dschunkeln.

    Lebensbejahende Mucke, die überraschend jung klingt.
    Mir hats saugut gefallen – auch wenn nicht alle Songs meinen Nerv als Power Metaller und Prog Metaller treffen, ich hatte wenigstens mal wieder Spaß !

    10/10