2015 veröffentlichten SWALLOW THE SUN mit dem dreiteiligen Album „Songs From The North“ ein überaus ambitioniertes Werk, an dem sich künftige Veröffentlichungen der finnischen Death-Doomster würden messen lassen müssen. Dass diese Vergleiche beim Nachfolger dann doch in den Hintergrund rücken, liegt an einem gleichwohl traurigen wie tragischen Umstand: 2016 verstarb die Partnerin von Gitarrist Juha Raivio, die Sängerin Aleah Stanbridge, die auch auf einigen Alben der Finnen zu hören ist, an Krebs. Das neue Album „When A Shadow Is Forced Into The Light“ stammt zum größten Teil aus Juhas Feder, und damit versucht der Gitarrist, die Situation zu verarbeiten.
„When A Shadow Is Forced Into The Light“ handelt konkret wie nie von Verlust und Trauer
Unter diesen Umständen ist es natürlich nicht schwer, „When A Shadow Is Forced Into The Light“ als bisher persönlichstes Werk der Finnen anzusehen. Wenn die auch im Bandnamen beschworene Dunkelheit bislang hauptsächlich poetischer Natur war – diesmal ist sie konkret. Gitarrist Juha Raivio hat den Tod aus nächster Nähe erfahren, getrauert, musste sein Leben neu ordnen und lässt uns mit dem Album an diesem schwierigen Prozess teilhaben.
Die Zutaten allerdings, und hier sind wir bei dem Punkt, dass man auf die oben genannten Vergleiche eben doch nicht ganz verzichten kann, sind ganz typisch für SWALLOW THE SUN geblieben – abgesehen vom Track „Lumina Aurea“, der stilistisch nicht ganz auf das Album gepasst hätte und ihm per Single als Vorbote vorweggeschickt wurde. Anders als auf den letzten Alben dominieren im Gesamteindruck die ruhigeren Passagen, wenngleich die Musik immer wieder zupackend ist.
Im Gesamteindruck dominieren die ruhigeren Passagen
Der Opener und Titeltrack „When A Shadow Is Forced Into The Light“ jedenfalls beginnt verhalten, mit Akustikgitarren und sanftem Gesang, bevor die Riffs schwerer werden und Sänger Mikko Kotamäki giftig faucht. Mikko erhält übrigens vom neuen Keyboarder Jaani Peuhu gesangliche Unterstützung, liefert ansonsten aber seine bisher beste Gesangsleistung. Weiter geht es mit „The Crimson Crown“, das sogar ganz auf doomige Elemente verzichtet, dafür aber durch seine traurig-schönen Harmonien und Melodien überzeugt. „Firelights“ steht ebenfalls in dieser Reihe, bevor in „Upon The Water“ erstmals Double-Bass-Drums zum Einsatz kommen. Auch die restlichen Songs folgen einem eher zurückhaltenden Aufbau, der stets sanft einleitet und eher zum Schluss etwas Vehemenz hervorbringt.
Im Vordergrund stehen die zerbrechlichen Momente und die sanfte Melancholie, die dem Thema geschuldet sind. Es ist nicht leicht und braucht ein wenig, sich darauf einzulassen und im Schmerz und der Traurigkeit aufzugehen. Und es fällt ein wenig schwer, eben nicht die schweren Passagen einfordern, für die SWALLOW THE SUN ja eben auch stehen: „When A Shadow Is Forced Into The Light“ ist halt kein normales Album. Dafür wird der Hörer immer wieder mit tollen Melodien und einigen Gänsehautmomenten belohnt. Neben dem genannten „The Crimson Crown“ sind es vor allem die beiden abschließenden Tracks „Here On The Black Earth“ und „Never Left“, die Schauer über den Rücken jagen.
SWALLOW THE SUN liefern ihr bisher persönlichstes Werk
Bleibt noch die Frage nach dem Albumtitel: Gitarrist Juha Raivio beschreibt „When A Shadow Is Forced Into The Light“ als genau das, was er mit diesem Album macht: Sich selbst aus dem Dunkel und seiner unfreiwillig-freiwilligen Einsiedelei zu schieben. Und auch wenn das Schreiben schwer fiel und das Album beim Hören schwer wiegt: „Dieses Album ist für mich wie eine Waffe“, sagt er. „Ein brennendes Licht, eine brennende Fackel. Siegreich und stolz.“
Sehr angenehmes Review!
Ich glaube, wie man das Album auf einen wirkt, hängt stark davon ab, ob man sich mit dem Inhalt auseinandersetzt und ob dieser auch auf einen wirkt.
Ich finde das Album musikalisch überaus gelungen, auch wenn es sicherlich einigen zu zart und melodiös, vielleicht auch eintönig, ist. In Verbindung mit dem textlichen Inhalt gewinnt die Platte bei mir aber zusätzlich, so dass ich die Höchstnote gebe. So eine bewegende Kombination aus Text und Musik habe ich nicht oft erlebt. (Beispiele wären Nevermores „Dreaming Neon Black“ und das letzte Album von Woods of Ypres.)
Hammer!
Nachdem ich den Vorgänger reichlich überambitioniert fand konnte mich Raivio schon mit seiner Trauerbewältigung in Form von Hallatars „No Stars upon the Bridge“ vollends überzeugen.
Nun also die neue StS …
Schon die beiden vorab veröffentlichten Videos holten mich ab und die komplette Scheibe tut es erst recht.
Die Songs sind mehr auf den Punkt, die Melodien punkten wieder mehr als auf „Songs From The North“ und insgesamt hört sich das alles kompakter und schlüssiger an.
Und, was ich persönlich richtig gut finde sind die raueren Vocals.
Jaani Peuhu von Hallatar gibt halt nicht nur den tiefen Growler, sondern variiert oftmals und bringt (für mich) wesentlich mehr Spannung in die Songs.
Deinem Kommentar kann ich so 1 zu 1 unterschreiben, jedoch mit einem Punkt mehr.
Ich verstehe nur deinen letzten Satz nicht, Jaani ist doch gar nicht der Sänger von Hallatar, das ist Tomi Joutsen welcher sonst bei Amorphis singt. Falls ich den Satz nicht verstanden habe, tut mir dies leid.
Grüße
Ja, war blöd formuliert von mir. Joutsen ist der Sänger von Hallatar, Peuhu der Producer/Mixer. Er kommt aber von Hallatar und singt jetzt bei StS. War missverständlich, geb ich zu.
Ist mir zu schmusig. In Sachen Dramatik und Ausdruck haben December Noir ganz klar die Nase vorn.
Ich find’s sehr gut.
Das ist schon kompetent gemacht, aber mir ist das trotz gelegentlicher Ausbrücke insgesamt auch ’ne Spur zu wehleidig.
Grossartiges Album einer grossartigen Band, die mMn bei den letzten VÖs ein wenig geschwächelt hat, aber das ist natürlich rein subjektiv und überhaupt…..
Das hier ist weit mehr als schnöder TraurigDoom mit gelegentlichem Brüllen und Mollakkorden. So einfach machen es sich STS nicht, wieder einmal (nicht). Crimson Crown zB geht trotz fehlender Härte so tief, das kann ich mir nicht treffender vorstellen. Hut ab.
Firelights als Single legt eine etwaige Fährte für das, was da noch kommt via Album, aber bitte nicht täuschen lassen, da steckt weit mehr drinnen.
Zum Sound: kurz und knapp: perfekt.
Zum Handwerk: Klasse, alles auf dem Punkt.
Mir fehlen die Gitarren, das klingt eher nach einem Dark Wave Album, als nach Rock oder gar Metal.
Okay, DAS ist jetzt wirklich Unsinn, unabhängig vom persönlichen Geschmack. Nach Dark Wave klingt das ganz sicher nicht, dafür aber durchaus nach Metal.
Da war der Doktor schneller. 🙂
Von Dark Wave sind da tatsächlich noch nicht mal Spuren zu finden.
Zu Metal gehören auch entsprechende Gitarren Riffs die man deutlich vernehmen kann. Diese sind auf diesem Album aber derart in den Hintergrund gemischt, dass ich mich teilweise schon anstrengen muss, diese überhaupt als solche wahrzunehmen. Natürlich ist das kein Dark Wave, die Clean Vocals könnte man aber auch auf einem Dark Wave Album erklingen lassen und dadurch, dass die Gitarren so stark in den Hintergrund treten, hat es für mich persönliich die Anmutung eines Dark Wave Albums, ohne das ganze Elektro Zeugs halt.
Ich meinte das Album ist trotzdem gut, ich hatte nalt eine andere Erwartungshaltung – mehr Metal.
Etwas spät dran, aber da es mich noch immer packt wie zu Anfang, hier meine 10 von 10 Punkten. Muss!