Swallow The Sun - Moonflowers

Review

Soundcheck November 2021# 5 Galerie mit 20 Bildern: Swallow The Sun - Co-Headline Tour 2023 in Stuttgart

SWALLOW THE SUN waren noch nie für heitere Musik bekannt, und spätestens nach dem Tod der Musikerin Aleah Stanbridge, der Lebensgefährtin von Bandkopf Juha Raivio, geht die Musik der Finnen in eine noch deutlich düstere und melancholischere Richtung. Es ist jedoch nicht das 2019er Album „When A Shadow Is Forced Into The Light“, das den Stimmungstiefpunkt der Band ausmacht, sondern das für den 19.11.2021 anstehende „Moonflowers“. Verstärkt durch die Isolation und Aussichtslosigkeit durch die Coronapandemie, hat die Kunst aus Raivio’s Feder einen noch dunkleren Touch angenommen. Schon das Cover, das einen von ihm mit Eigenblut gemalten Mond sowie im Todesjahr von Aleah Stanbridge gesammelte getrocknete Blumen zeigt, lässt die Abgründe erahnen, in die SWALLOW THE SUN uns mit „Moonflowers“ ziehen werden. Zudem sagt Juha Raivio über das Album:

„Ich weiß, dass ich das nicht sagen sollte, aber ich hasse dieses Album zutiefst. Ich hasse, wohin es mich führt, wie es mich fühlen lässt und was es für mich bedeutet. Ich wünschte, es würde das nicht tun. Aber bei all seiner Ehrlichkeit bleibt mir nichts anderes übrig, als es auch zu lieben. Das ist das Einzige, was für mich bei der Musik überhaupt zählt. Es ist egal, welche Gefühle sie bei mir auslöst, solange sie überhaupt welche auslöst.“

Harter Tobak bei SWALLOW THE SUN

Bereits beim Opener „Moonflowers Bloom In Misery“ wird die Traurigkeit deutlich, die auf diesem Album vertont ist. Der ruhige Auftakt, begleitet von Klargesang, bei dem man jedes Wort des deprimierenden Textes versteht, steht exemplarisch für die Grundstimmung des Albums. Harte Ausbrüche mit den für die Band typischen Death-Doom-Gitarren und Mikko Kotamäkis gutturalen Growls lassen das Stück noch verzweifelter klingen, während Streicher für eine zusätzliche Dramatik sorgen. Die Kombination aus druckvollen Gitarren und dominanten Streichern verleiht den Stücken auf „Moonflowers“ einen erhabenen Sound, den SWALLOW THE SUN gekonnt einsetzen und den zahlreichen ruhigen Passagen vermutlich sehr gezielt entgegenstellen.

„Moonflowers“: Erfolgsrezept mit Überraschungen

Auch wenn der Sound durch den ’serienmäßigen‘ Einsatz der erwähnten Komponenten insgesamt etwas homogen zu wirken droht, schaffen es SWALLOW THE SUN, mit unerwarteten Melodien, Gastmusiker:innen sowie Stilbrüchen für Abwechslung zu sorgen. So versprüht „Keep Your Heart Safe From Me“ einen geheimnisvollen und zwischendurch fast psychedelischen Vibe; „All Hallow’s Grief“ bietet mit Cammie Gilbert (OCEANS OF SLUMBER), die ihre sonst sehr kraftvolle Stimme hier eher reduziert einsetzt, einen angenehmen Gegenpart am Mikro; und der Rausschmeißer „This House Has No Home“ überrascht mit schwarzem Geballer samt Gekeife und stellt somit den Hingucker auf „Moonflowers“.

Insgesamt ist „Moonflowers“ ein Album geworden, das einem eine gewisse Toleranz gegenüber seiner sehr düsteren Stimmung abverlangt, die sich oft in mäandernd-melancholischen Passagen ausdrückt. Folglich kann es gut sein, dass man selbst in einer entsprechenden Gemütslage sein muss, um die vertonte Verzweiflung wirklich schätzen zu können und darin zu schwelgen. Zum casual listening eignet sich die Platte dagegen wenig, und auch sehr eingängige Tracks und große Melodien, wie sie auf dem Vorgängeralbum gleich mehrfach vertreten waren („Firelights“, „Stone Wings“) sucht man hier eher vergebens. Somit bleibt das Album ein wenig hinter „When A Shadow Is Forced Into The Light“ zurück. SWALLOW THE SUN legen hier allerdings ein ganz anderes Werk vor, das auf komplexere Weise funktioniert und seine Wirkung erst mit mehrmaligem Hören entfaltet.

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12.11.2021

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9 Kommentare zu Swallow The Sun - Moonflowers

  1. onlythewindremembers sagt:

    Nach dem ersten Hördurchgang muss ich sagen, dass es irgendwie noch bisschen schwachbrüstig ist. „When a Shadow…“ hat bei mir direkt gezündet und ist meiner Meinung nach auch das bisher beste Album der Band. Mal schauen, vielleicht wächst es ja nach weiteren Durchgängen. Aber die 8 Punkte würde ich trotzdem geben.

    8/10
  2. doomed-forever sagt:

    Leute, ihr habt es alle nicht verstanden ! Juha Ravio hat Aleah Stanbridge „Starbridge“ am 18.4.2016 verloren, die Liebe seines Lebens ! Sie war zuerst mit ihren ghostly background Vocals auf „Horror: Lights on the Lake, Part III“ in 2009 auf „New Moon“ zu hören. Aus diesem Grund wurde auch Hallatar gegründet, mit dem „No Stars upon the Bridge“ Album, um die Thematik zu verarbeiten, für Juha.

    Denkt Ihr, STS können einfach so weitermachen, wie bisher – als wäre nichts gewesen?! Ich bin STS Fan seit 2003 „The Morning Never Came“ und habe mir das Album auch sogleich im Nov. 2003 gekauft – und alle weiteren Alben.

    Das 3 LP Ltd. Set mit CDs habe ich mir vorbestellt, wie immer, alle interessanten Bands, die ich seit Jahren, -Dekaden schätze, und finanziell supporte dadurch. Sch…auf Downloads. Was soll ich mit crap als Datei, ich will ein physisches Medium.

    Klar, es ist nicht Songs from the North, I, II & III – und auch nicht „Ghosts of Loss“, oder „Hope“, oder „The Plague of Butterflies“, neben besagtem Debut Album.

    Das Album ist definitiv nichts für „Gelegenheitshörer“, oder Leute, die mal eben in STS reinhören wollen als fly-by Hintergrund Berieselung – sondern für echte Fans, wo die Band seit x-Jahren schätzen, die Music lieben & schätzen.

    Ich finde, Mikko hat saubere Arbeit abgeliefert. „Moonflowers bloom in Misery“ ist der Titelsong des Album, und hat alle typischen STS Trademarks im Song. Gloom, Beauty & Despair. So auch „Woven into Sorrow“.

    Auf „This House has no home“ liefert Mikko auch richtig ab, zusammen mit den clean vocals, und den evil screams, rockt der Song.

    Ich höre seit ewig melodic Death, Death Doom, funeral Doom, sowie DSBM, atmospheric BM, melodic BM. Das sind die Genres, wo es super relaxen kann, manche Leute macht das depressiv, bei mir ist es das Gegenteil.

    9/10
  3. ClutchNixon sagt:

    Ehem.. Und aufgrund von dessen persönlichem Verlust dürfen potenzielle Hörer sich kein Urteil mehr erlauben?

  4. onlythewindremembers sagt:

    Nee, weil er hört die seit 2003(!!!) und da weiß nur er, was wirklich gut ist. 🙂

  5. ClutchNixon sagt:

    Tscha, dieses Besitzanspruchdenken, weil ich hör die länger „als wie du!“, war mir auch mal zu Eigen—mit zwölf!

  6. yggdrasil86 sagt:

    Wenige von uns können sicherlich nachvollziehen was es heißt einen geliebten Menschen zu verlieren. Zudem noch einen Menschen, welcher beim mMn besten StS-Song mitgewirkt hat (Lights on the Lake) und auch sonst durch ihren Gesang Lieder mitgetragen hat.

    Dass man es verarbeiten will, dagegen spricht auch nichts. Während der Vorgänger zum Großteil noch gezündet hat, ich dennoch den geringeren Gebrauch von Growls (und Screams) etwas vermisst habe, hatte das Album meistens noch den typischen StS-Vibe.

    Dies vermisse ich dennoch beim neuesten Album und hat auch nichts mit verarbeiten zu tun. Man schlägt einen anderen Stil ein, was in Ordnung sein mag, mir gefällt es nur bedingt. Die letzten beiden Songs waren gut, das Duett auch solide. An den Rest kann ich mich kaum erinnern. Musikalisch zwar völlig in Ordnung, sehe ich das Niveau jedoch nicht höher als bei den meisten Gothic Metal-Bands. Musikalisch sind die für mich meistens auch in Ordnung, hauen mich aber selten um.

    6/10
  7. nili68 sagt:

    Das persönliche Schicksal eines mir unbekannten Künstlers interessiert mich eigentlich überhaupt nicht. Höchstens den Einfluss, den es auf die Kunst hat. Wenn mir das dann nicht gefällt, gibt es keine Bonuspunkte. Wenn doch, steigert das sogar die Authentizität im positiven Sinne. Tja, das Leben ist grausam..

  8. ira incensus sagt:

    Nach mehrmaligem Hören hat das neue STS Album bei mir nun ordentlich gezündet. Gegenüber dem Vorgänger „When a shadow is forced into light“ finde ich „Moonflowers“ noch etwas dunkler und melancholischer. Gefühlsmäßig ist hier wieder alles dabei: Trauer, Wut und Verzweiflung. Musikalisch und gesangstechnisch bewegt man sich wie immer auf höchstem Niveau. Neben dem Opener „Moonflowers bloom in misery“ haben mich besonders „The Void“ (erinnert mich etwas an Tiamat zu „A deeper kind of slumber“ Zeiten) sowie der Rausschmeißer „This house has no home“ (coole Black Metal Vibes) positiv überrascht. Zu empfehlen ist übrigens die Deluxe Edition des Albums. Hier bekommt man nämlich als Bonus das komplette Album in einer klassischen Version mit Piano und Streichinstrumenten. Dies ist eine Zusammenarbeit von Trio NOX und Swallow The Sun. Sehr interessant! Alles in allem ist „Moonflowers“ für mich eines der besten Alben in 2021 und der ideale Herbst-/Winter-Soundtrack.

    9/10
  9. Stormy sagt:

    Es mag sein, dass viele User hier sehr jung sind und/oder nur in ihrer Metal-Blase leben, doch Swallow The Sun und STS (Steinbäcker, Timischl, Schiffkowitz) machen zwar Musik, aber doch recht unterschiedliche. 😉