Svartsyn - Requiem

Review

„Requiem“ ist das neunte Album von SVARTSYN, dem Ein-Mann-Projekt des Schweden Ornias.

Der gute Mann ist seit Mitte der Neunziger in der Black-Metal-Szene unterwegs, hat aber nicht den Bekanntheitsgrad seiner schwedischen Landsleute von DARK FUNERAL oder WATAIN, geschweige denn den Status der norwegischen Rumpeltruppen aus der zweiten Welle erreicht. Mein Vorredner an dieser Stelle hat SVARTSYNs letztes Album, „In Death“, vor drei Jahren hier relativ endgültig beerdigt. Nun taucht Ornias wieder aus der schwedischen Wildnis auf, um ein „Requiem“ auf die westliche Welt zu singen, und mir fällt die ehrenvolle Aufgabe zu, die Eulogie dazu zu sprechen.

Alt, aber gut?

SVARTSYN spielt Black Metal der (ganz) alten Schule. Hier öffnet sich die Grundsatzfrage, ob es einen Unterschied für eine Old-School-Band macht, ob diese 1990 oder 2020 gegründet wurde, wenn die Suppe, die aus den alten Zutaten gekocht wurde, am Ende gleich schmeckt. Ist es gut, wenn Ornias den Spirit behalten hat, oder sollte man sich eher wünschen, dass die er sich weiterentwickelt oder seine Band aufgelöst hätte?

Das heißt natürlich nicht, dass „Requiem“ per se ein schlechtes Album ist. Das Riffing ist dicht und druckvoll, die dissonanten Leads bieten einige schöne Momente, Ornias’ Schreie liegen irgendwo zwischen WATAIN und ABBATH mit einer Kröte im Hals und Gastmusiker Hammermann (kicher) an den Drums kann sein Instrument hör- und spürbar gut bedienen. Aber sobald die letzten Sekunden von „Little Horn“, dem finalen Track, verklungen sind, hat man irgendwie schon wieder vergessen, was man da eigentlich gerade gehört hat. Das war halt Black Metal, kompetent gespielt, sauber komponiert, aber irgendetwas fehlt.

Es fühlt sich fies an, zu sagen, dass ein so langlebiges Projekt wie SVARTSYN keine Seele hätte, aber irgendwie ist genau das das Problem. Bei SVARTSYN wird seit fast dreißig Jahren derselbe Brei angerührt. In diesem Fall ist das aber weniger beeindruckend als unnötig limitierend. Gerade im Bereich des Black Metal der „alten Schule“ tauchen immer wieder neue Kombos auf, in den letzten Monaten zum Beispiel CULTUS PROFANO oder APOCRYPHAL REVELATION, die die Einflüsse der Überväter als Blaupause nutzen, um ihre eigene Version von Black Metal auf den Schultern der Giganten zu errichten.

SVARTSYN — Schwarze Elchkunst

Dagegen wirkt der schwedische Waldschrat Ornias ein bisschen wie ein Relikt aus einer vergangenen Zeit: Wenn ich beim Hören nicht zuordnen kann, ob hier seit dreißig Jahren dieselbe Idee wieder aufgewärmt wird oder ich das Debüt einer jungen, talentierten Epigonentruppe vor mir habe, dann ist schon ein wenig traurig.

Aber wie gesagt, „Requiem“ ist kein schlechtes Album im engeren Sinne. Stimmung und Atmosphäre sind durchaus da, aber das reicht halt leider nicht ganz, wenn ich das alles irgendwie irgendwo schonmal gehört habe (sowohl bei MAYHEM in den frühen Neunzigern als auch bei CULTUS PROFANO). Eigentlich ein Album, das frustrierend zu rezensieren ist, weil es nicht schlecht genug ist, um witzig zu sein, aber auch nicht gut genug für Lobeshymnen. Eben guter Black Metal. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Review von Bernhard Rübenthal

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23.10.2020

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