Suns Of Thyme - Cascades

Review

SUNS OF THYME stellen mit „Cascades“ eine Sache klar: Es gibt in Berlin auch noch kreative Bands, die gute Musik machen. Mit ihrem durchweg rockenden Werk, welches besonders durch Vielschichtigkeit punkten kann und gleichzeitig genau daran krankt, erreichen sie eine große Schnittmenge an Musikfreunden. Theoretisch kann man sich SUNS OF THYME ganz oberflächlich nähern. Einfach mal das Bandfoto genau studieren und überlegen, welchen Musikstil diese Herren produzieren: Rock, Prog, Gothic, Retro? Alles richtig. Von lärmenden Gitarren, über psychedelische Orgelklänge und melancholischen Gothic Rock, bis hin zu indie-artigem Tongehacke und orientalischen Beruhigungsszenarien, gibt es auf „Cascades“ alles zu hören.

„Cascades“ erschlägt bei den ersten Durchläufen, denn so richtig kann man SUNS OF THYME nicht einordnen. Genau das möchte das menschliche Gehirn aber, sich an Regeln und Schemata halten und am besten alles schon passend vorgesetzt bekommen. Nun sind es keine Quantensprünge, die SUNS OF THYME während „Cascades“ durchlaufen, aber eben schon sehr unterschiedliche Herangehensweisen. Das Midtempo-Stück „Intuition Unbound“ pendelt zwischen Retro und Goth, auch gefühlsmäßig schwankt es zwischen Zurückhaltung und Melancholie. SUNS OF THYME lassen sich mit diesem Song, spätestens wenn die Wah-Wah-Suppe zum Ende hin blubbernd zu Köcheln beginnt, locker einige Jahrzehnte früher verorten. Dies kommt im Verlauf der knapp 55 Minuten Spieldauer häufiger vor, den Stempel „Retro“ kann man SUNS OF THYME locker, im positiven Sinne, verpassen. Schon alleine die Soundqualität ist mindestens einen Durchgang wert, diese Art von dichter, weicher Aufnahme sorgt umgehend für eine gewisse Lockerheit und schafft beste Voraussetzungen, um die Musik intensiver aufnehmen zu können.

Vielfalt regiert bei SUNS OF THYME

Erstes Highlight der Entspannung pur ist „Schweben“, der Song macht seinem Namen alle Ehre. Absolut ausgeklinkt musizieren SUNS OF THYME sehr behutsam und schon fast spirituell. Langsam aber sicher brennen sich die Tonabfolgen und der beschwörende Gesang ganz tief ein. Gleiches gilt für „Val Verde“, ganz ohne Schlagzeug stapeln Gitarre, Gesang und der im Hintergrund agierendes Synthiesound eine spürbare Spannung auf, die in einer langen, wiederum nicht greifbaren, Sounderuption eskaliert. Spätens hier haben SUNS OF THYME absolut den Faden und die Nachvollziehbarkeit verloren. „The Field“ beschließt die psychedelische Fahrt und arbeiten massiv mit orientalischen Klangmitteln wie gezupfter Gitarre und einlullendem Trommeln. Nach der durchlebten Kalibrierung folgen mit „Aphelion“ und „In Dreams Awake“ noch zwei Stücke, die einem hundsgemeinen Aufbau entsprechen und genau deshalb bei „Cascades“ eine Sonderstellung einnehmen. Irgendwo zwischen THE CURE und Siebzigerjahre haben sich SUNS OF THYME angesiedelt – stets treibend, den Gesang in den Hintergrund verfrachtet, während die Instrumente die pure Melancholie vertonen und lobpreisen.

Einfach loslassen

Grundsätzlich sollte man bei SUNS OF THYME ganz schnell den Anspruch nach Analyse und Logik ablegen und annehmen, was die Band dem Hörer anbietet – eine Platte, die gefühlt werden kann und will. Man kann sich herrlich konzentrieren, auf den Basslauf, auf die einfliegenden Töne und auf die zahlreichen unterschiedlichen Klangbauten, die sich SUNS OF THYME immer und immer wieder einfallen lassen. Am Ende von „Cascades“ ist noch immer nicht so ganz klar, was die Berliner wollen. Trotzdem zieht die Platte magisch an, muss immer wieder und wieder gespielt werden und kommt auf ganz mysteriöse Weise immer wieder ganz anders beim Hörer an.

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01.06.2016

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