Sunn O))) - Monoliths & Dimensions

Review

Der Werdegang der beiden kalifornischen Foltermönche von SUNN O))), Greg Anderson und Stephen O’Malley, gehört zweifelsohne zu den beachtlichsten Erfolgsstorys im Metal der vergangenen Jahre. Mit ihren spiritistischen, asketischen, stundenlang ausgedehnten Krachmeditationen begeistern sie Hunderttausende von Hörern. Sie entwickelten sich zu einer sozialen Institution. Sie nahm zuerst ein heimatlos gewordenes Indie-Rock-Publikum und dann ein um Ambient- und Neue-Musik-Erfahrungen geläutertes Post-Metal-Publikum mit offenen Armen auf und bereiteten beiden Gruppierungen in einigen Großstädten, was sie schon häufig missen mussten: beeindruckende Konzerterlebnisse, rituelle Weihen, Weihen eines reinen Sounds.

Sound soll in seiner Textur hörbar werden, das ist das grundlegende Prinzip ihrer Musik: Ihre sehr langsam und noch sehr viel lauter vorgedröhnten, nasen- und ohrenblutfreundlich-resonierenden Bassvibrationen und magengrubensprengende Gitarrenfeedbacks sind die denkbar extremste und konsequenteste Form des Schwer-, Todes- und Schwarzmetalls. Auch „Monoliths & Dimensions“, ihr siebtes Studioalbum, steht in der Tradition kieferknochensprengender Drones; ohne weltlich-formale Schnickereien wie Melodie oder Rhythmus, das versteht sich. SUNN O))) haben nichts Neues angefangen oder Bekanntes noch weiter zu Extremen getrieben, sondern sich eher in eine unendlich konzentrierte, unzugängliche Mitte ihres musikalischen Ansatzes gebohrt. Ohne Gedanken oder Aufmerksamkeit zu erzwingen, spielen organisch gewachsene Gitarrenschraffuren oder Steve-Moore’scher Orgelminimalismus die ganze verführerische und kathartische Kraft einer Kunst aus, die sich mittlerweile offensichtlich von den Bedingungen ihrer Entstehung gänzlich wegentwickelt hat. Sie sind nicht mehr zu erkennen.

SUNN O))) sind heute eine der Bands, die das alte Kunststück fertig bringen, auf dem Wege der Selbstbeschränkung eine neue Welt zu eröffnen. Jeder, der dies hört, kann sofort erkennen, was und was nicht passieren kann in dieser Welt, und gerade dadurch wird das, was passieren kann – unendlich. Es gibt keine Genre-Konvention, die hier gestattet oder verbietet, sondern ein über verschiedene Zwischenstufen nach und nach entwickelter Geschmack.

Besonders interessant wird der Bauplan dieser Klangwelt, die an nicht Bekanntes erinnert und dennoch optimal vertraut ist, in der alles möglich ist und in der man dennoch genau weiß, was auf keinen Fall passieren wird, wenn dann doch etwas Bekanntes stattfindet, dem man versucht ist, den Namen „Kitsch“ zu geben: In dem Stück „Big Church [megszentségteleníthetetlenségeskedéseitekért]“ hört man in dissonantester Schönheit einen österreichischen Frauenchor, am Ende der Platte entsteigt aus dem schlierig-drauenden Lärmschlick von „Alice“ ein funkelnder Orchestersatz, arrangiert von dem New Yorker Komponisten Eyvind Kang – mit Streichern, perlenden Harfenklängen, schließlich eine einsame Posaun, zaghaft, mit deutlichen Anblasgeräuschen, gespielt von dem 1935 geborenen Posaunisten Julian Priester, der bereits in den Ensembles von Sun Ra und Herbie Hancock gespielt hat. Solche Momente, die immer etwas schrecklich-schlüpfrig Weiches und eben fast schon kitschig Flüchtiges haben, werden nicht vertuscht, sondern passgenau in die weiten, sich mählich in- und gegeneinander verschiebenden Drone-Cluster eingefügt, deren Herkunft nur noch ungefähr bestimmbar sind. Das Monolithische wird aufgebrochen in winzige Noise-Partikel und Töne, ohne dass der meditative Effekt dieser Musik unterlaufen werden würde.

02.08.2009

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2 Kommentare zu Sunn O))) - Monoliths & Dimensions

  1. Anonymous sagt:

    Wer’s mag. Dennoch frage ich mich: Wer hört denn so was?!

    1/10
  2. Andreas sagt:

    Mein erster Eindruck war auch negativ. Aber ich habe mir Zeit gelassen. Und das sollte man generell tun, da es sich bei Sunn O))) um eine Band handelt, die so einzigartig ist, das man sie mit keiner anderen Band vergleichen kann.
    Monoliths & Dimensions ist letztendlich ein sehr starkes Album geworden. Es reicht zwar nicht ganz an die 2 Vorgänger ran, aber die Atmosphäre schafft es, die komplexen Strukturen miteinander zu verbinden. Wenn man Drone hört, sollte man eh die höchste Lautstärkenstufe einstellen um die ganzen Eindrücke genießen zu können. Aber das es nicht jedermanns Sache ist dürfte klar sein 😉

    8/10